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Meine Blogüberschriften in diesem Jahr drehen sich anscheinend alle um das Wetter… aber tatsächlich, so beeindruckend wie in diesem Jahr war es selten.
September
An einem Wochenende segeln wir Richtung Sønderborg, wollen mal schauen, wie es auf der Halbinsel Kegnæs, zur Insel Als gehörend, aussieht. Der kräftige Westwind pustet uns schön aus der Förde hinaus. Wir müssen eine Halse fahren und merken zum ersten Mal, dass wir mit deutlich zu viel Großsegel vor dem Wind unterwegs sind. Es knallt, zwar keine Patenthalse, aber viel Druck auf dem Material. So sollte das nicht unbedingt laufen. Wieder was gelernt! In der Bucht hinter der Halbinsel ist es ruhig, wir zählen mehr als 15 Segelboote, die hier heute vor Anker liegen. Leider gibt es keinen schönen Wanderweg Richtung Leuchtturm Kegnæs, daher drehen wir an Land nur eine kleine Runde fürs Lieschen. Der Rückweg am nächsten Tag verläuft ruhig und unspektakulär.
An den nächsten Wochenenden sind wir entweder zu Hause mit anderen Dingen beschäftigt oder das Wetter lädt nicht zum Segeln ein. Gewaltige Gewitterfronten ziehen durch und erzeugen spektakuläres Licht. Die wenigen Sonnenstrahlen nutzen wir zum Laufen und entdecken eine kleine Eidechse, die sich ein letztes Mal ordentlich aufwärmt. Dass ich hier auf einen Werbeaufkleber von “The Länd” stoße… naja… 😂. Liebe Grüße an unsere süddeutschen Freunde und Kollegen!
Endlich schaffen wir es auch mal, einen kleinen Spaziergang durch den Schlosspark von Gråsten zu machen und uns den dazugehörigen Küchengarten anzuschauen. Lohnt sich definitiv!
Oktober
Anfang Oktober, die Woche um den Tag der deutschen Einheit, haben wir noch ein paar Tage Urlaub. Wir fahren frohen Mutes zur Tabaluga nach Marina Minde und sind uns ganz sicher, dass wir nicht noch mal so viel Pech mit dem Wetter haben, wie im Sommer. Der goldene Oktober und so, den soll es ja geben.
Am Sonntag erwartet uns: Regen und Nebel. Wir gehen laufen, die schöne 10km Runde. Montags schaut doch glatt die Sonne raus, ein angenehmer Wind weht und wir ahnen noch nicht, dass es vielleicht der letzte Segeltag der Saison sein könnte. Eine Bucht, die wir noch nicht kennen, sieht so einladend zum Ankern aus, dass wir kurz überlegen… Ich checke den Wetterbericht. Nein, der Wind soll über Nacht drehen und mächtig auffrischen, wir fahren zurück in die Marina.
Die Entscheidung erweist sich als sehr vernünftig, am nächsten Morgen präsentiert sich die Förde wie am Sonntag: Regen, Nebel und kräftige Böen. Kein Tag, um einfach nur so raus zu segeln. Wir beschließen, einen Ausflug mit dem Auto zu machen und nach Seeland zu fahren, wo Bernd einen Bootsbauer besuchen möchte, mit dem er per Mail Kontakt. Ich buche uns über booking.com ein Hotel mit Hund.
Die Fahrt mit dem Auto am nächsten Tag ist angenehm, die Sonne lässt sich ab und zu blicken, aber auch kräftige Regenschauer begleiten uns auf dem Weg. Wir fahren das allererste Mal über die Store Belt Brücke. Schon so oft sind wir darunter her gesegelt, aber der Blick von oben ist auch toll. Sehr deutlich sieht man von hier die Verwirbelungen des Wassers, die wir ebenfalls schon so oft gespürt haben. Die Maut für die Überfahrt über die Brücke ist allerdings gesalzen und gepfeffert: 36€ einfache Fahrt. Wow!
Wir schlendern kurz durch Fredriksvaerk, besuchen Sam, den Bootsfensterbauer und haben danach noch das Bedürfnis, das Kattegat zu spüren. In dem kleinen Örtchen Liseleje lassen wir uns am Meer so richtig durchpusten und retten uns vor dem nächsten Regen in eine Pizzeria. Die dort servierte Pizza schmeckt ganz hervorragend!
Nun wird es Zeit, das Hotel zu suchen. Ein hyggeliges Landhotel erwartet uns und die Überraschung, dass es doch nicht so einfach mit Hund ist. Booking hat das Hotel zwar als hundefreundlich ausgewiesen, aber wir konnten den Hund bei der Buchung nicht angeben. So müssen wir uns mit einem anderen hundegeeigneten Zimmer, das leider teuerer ist, abfinden. Die jungen Damen an der Rezeption sind zwar sehr freundlich, lassen meine Einwände, dass ich ja gar keine Möglichkeit gehabt hätte, anders zu buchen, nicht gelten. Ich hätte anrufen und das absprechen müssen. Das widerspricht in meinen Augen der einfachen Buchung über eine App. Egal, wir haben es warm und trocken, eine Dusche und noch ein schönes Feierabendbier. Liese bekommt sogar noch Leckerchen und einen hoteleigenen Futternapf. Das Frühstück am nächsten Morgen ist großartig, so dass mein Ärger über die Buchungsplattform verfliegt.
Auf dem Rückweg wollen wir Roskilde besuchen. Ich erinnere mich ganz dunkel aus der Kindheit, dass ich dort mit meinen Eltern in einem Wikingermuseum war. Dort parken wir dann auch und besuchen das Museum und die angeschlossene Traditionswerft. Sehr spannend!
Ein kurzer Stadtbummel folgt, danach machen wir uns wieder auf den Heimweg zu unserer Tabaluga.
Das Wetter beruhigt sich nicht, es regnet weiterhin. Im Boot ist es feucht, ich habe schon seit Tagen fürchterliche Rückenschmerzen und frage meinen Schatz dann ganz vorsichtig: können wir morgen nach Hause fahren?? Ohne weitere Einwände stimmt er zu und wir fahren früher als beabsichtigt nach Hause. Wie schön so eine heiße Badewanne sein kann!! Wir überlegen, wie wir an Bord eine Sauna einbauen können?? 🤔
Sturmflut
Ende Oktober bekommen wir eine EMail von der Marina, dass Hochwasser erwartet wird und jeder Eigner gebeten wird, sein Boot zu sichern. Das Wasser soll sogar über die Dalben steigen und auch die Schwimmstege überspülen, die an Ketten am Boden festgemacht sind. Zunächst wissen wir nicht so genau, was wir machen sollen, können uns das gar nicht vorstellen. Nach einer unruhigen Nacht steht Bernd um 6 Uhr auf und fährt hoch zur Tabaluga. Er sichert das Boot doppelt und dreifach mit den alten, dicken Festmachern aus Frankreich, spricht noch mal mit den Hafenbetreibern und hofft, dass alles gut geht. Per Webcam beobachten wir, wie das Wasser steigt. Woher es kommt? Es herrschten zunächst starke Westwinde, die viel Wasser in die Ostsee gedrückt haben. Durch eine seltene Konstellation aus Skandinavienhoch und einem vom Atlantik kommenden Tief kommt es auf einmal zu starken Winden aus Ost. Das Wasser wird gegen die dänische und deutsche Küste gedrückt, Wasserstände von mehr als 2m über normal, vor allem in den Förden von Eckernförde, der Schlei, Flensburg und Kiel, werden erwartet, dazu orkanartige Böen. Freitags morgens fallen die Webcams aus. Strom und Wasser sind bekanntlich keine gute Kombination. Auf dem letzten Bild der Webcam sieht man, wie die Stege vor dem Hafengebäude und die Nebengebäude schon unter Wasser stehen. Abends hören wir die erste Schauergeschichten aus Häfen wie Damp und Maasholm. Boote lösen sich, schlagen gegen Steg und Hafenmauern.
Wir bangen, wissen nicht, was wir hätten anders machen sollen und schlafen doch sehr unruhig. Am nächsten Morgen ist in Westergellersen der Wind weg, es gibt keinen Anruf von der Marina, wir werten das als gutes Zeichen. Von einer Bekannten bekomme ich Bilder vom Hafen Damp, der einem Schiffsfriedhof gleicht. Stege zerschlagen, gesunkene Boote, uns wird ganz anders. Zum Glück ist deren Boot heile geblieben. Ähnliche Bilder aus Maasholm und Schilksee gehen durch die Medien, wir wissen nach wie vor nicht, was in Marina Minde los ist. Ein dänischer Bekannter, der in der Nähe wohnt, bietet uns an, hinzufahren. Und zu unserer großen Erleichterung schickt er Bilder, dass es Tabaluga gut geht!! Nur der Anker ist an den Poller geschlagen, aber keine Schäden sind auszumachen. Wir haben ein riesiges Glück gehabt, dass der Hafen hinter der Steilküste vor den schlimmsten Böen geschützt war. Später lesen wir in diversen Foren, Facebook und Yacht.de, wie es für andere Segler war, wie auch hier der Hafenmeister und andere Bootseigner die ganze Nacht im Schlauchboot unterwegs waren, um alles zu kontrollieren und zu sichern. Wir können gar nicht genug DANKE sagen!!
Der Verlust der Boote, an denen viele Erinnerungen hängen und keiner verlieren will, ist schrecklich. Ein Boot hat bei den meisten einen anderen emotionalen Wert als vielleicht ein Auto. Sicher zwingen die Umstände den ein oder anderen nun zur Aufgabe seines Hobbys. Wir hätten Rotz und Wasser geheult, wenn Tabaluga was passiert wäre. Aber niemand wurde ernsthaft verletzt, schlimmer getroffen hat es Häuser, Geschäfte und Bars in den Städten, Menschen, die ihre Existenzen verlieren. Jahrhunderthochwasser in der Ostsee. Wir konnten es uns nicht vorstellen, genauso wenig wie alle anderen. Die Wetterwarnungen waren rechtzeitig, wir haben getan, was wir besten Wissen und Gewissens konnten. Alles andere wäre dann Schicksal gewesen. Die ach so harmlose Ostsee hat hier ihr anderes Gesicht gezeigt.
Ein Wochenende später schaffen wir es endlich an Bord und sind natürlich glücklich und dankbar, alles an Ort und Stelle wieder zu finden. Alle Leinen sind noch auf dem Dalben, aber man sieht, wie dieser ostwärts ausgerichtete gelitten hat. Die Halterung, die normalerweise dafür sorgen soll, dass die Leinen nicht herunterrutschen, ist weg, das Holz ist ausgefasert. Die Leinen haben sich an den übrig gebliebenen Schrauben verfangen. Und jetzt muss man sich die Dimension vorstellen. Der Dalben guckt geschätzt 2 - 2,5m aus dem Wasser. Der war quasi weg…
Natürlich regnet es weiterhin, wir lassen die Saison 2023 mit diesem Schreckenserlebnis wohl hinter uns und hoffen auf ein besseres 2024. Tabaluga wird hier in Marina Minde überwintern, vielleicht klappt es ja dieses Jahr mit einem Wintertörn?