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Blitzstart in den dänischen Sommer

23.7. - 24.7.23 Westergellersen - Unna - Westergellersen - Marina Minde

Urlaub 2023, wie jedes Jahr der Seufzer: endlich!! Ich war in den letzten Tagen und Wochen einfach nur müde und erschöpft. Lieschen darf dieses Jahr Urlaub in Unna machen. Es ist für alle ein Gewinn, wir sind ein wenig freier und der Hund wird von A bis Z verwöhnt. Es bedeutet leider auch ziemlich viel Fahrerei zur Ferienzeit. Dank Google Maps finden wir geschickte Stauumfahrungen und kommen irgendwann glücklich in Marina Minde an. Es regnet die berühmten Hunde und Katzen, daher kuscheln wir uns erstmal eine Stunde in die Kajüte, um ein bisschen runter zu kommen.

Da wir keine Lust haben, all das Gepäck über den Bug aufs Schiff zu heben, kommt Bernd auf die Idee, Schlauchi ins Wasser zu setzen und das Gepäck damit zur Tabaluga zu bringen. Leider springt der Außenbordmotor nicht an und Bernd muss rudern. Ich unke ein bisschen rum, wenn er jetzt mit all unserem Gepäck ins Wasser fällt, fangen wir noch mal von vorne an… Aber es geht alles gut und es ist tatsächlich einfacher, den schweren Krempel über das Heck an Bord zu bringen. So gut es geht, räumen wir alles auf und fallen totmüde in die Koje. Beim Einschlafen fragt mein Liebster dann noch: “Und was hast du morgen so vor? Ich will nach Lyø!”. Ich will in dem Moment eigentlich gar nichts mehr außer schlafen… 😴 Weitere Diskussionen werden also auf den nächsten Morgen vertagt!

24.7.23 Marina Minde - Lyø 31,2sm

Am nächsten Morgen bin ich tatsächlich ausgeschlafen genug, um mich zu einem schnellen Aufbruch überreden zu lassen. In der Bucht von Lyø wartet nämlich ein Bekannter aus dem Yacht Club auf uns. Das Ablegemanöver in Marina Minde gelingt uns gut, auch bei kräftigem Seitenwind. Mit Leinen nach vorne und zur Seite gesichert, funktioniert alles prima. Unterwegs zeigt sich der Wind launisch, pustet mal mehr und mal weniger. Insgesamt ist es ein sehr entspannter Auftakt für den diesjährigen Sommerurlaub. Ein bisschen wärmer dürfte es allerdings gerne noch werden.

Gut gelaunt kommen wir in der Bucht von Lyø an. Wir sehen Jens’ Schiff und werfen direkt daneben unseren Anker. In den winzig kleinen Hafen der Insel fahren wir erst gar nicht rein. Der ist eh zu eng für uns und in der Hauptsaison sowieso chronisch überfüllt. Jens kommt zu uns an Bord, das obligatorische Anlegerbier und eine ordentliche Portion Nudeln sorgen für gemütliche Stimmung an Bord. Die Männer fachsimpeln, während der Wind deutlich auffrischt. Ich bin deswegen noch etwas nervös, aber der Anker hält uns sicher an Ort und Stelle. Die Nacht ist unruhig, erstaunlicherweise schlafe ich aber tief und fest. Das Vertrauen in Schiff und Anker wächst kontinuierlich.

25.7.23 Lyø

Am nächsten Morgen sind wir bei Jens auf dem Boot zum Kaffee trinken eingeladen. Der Außenbordmotor von Schlauchi will immer noch nicht anspringen. Wir rudern zu Jens herüber, der sich ein wenig amüsiert, weil Wind und Welle uns nicht den direkten Weg nehmen lassen, sondern wir in Kurven zu ihm hin eiern. Die Männer starten einen Reparaturversuch des kleinen Motors. Der Vergaser ist verdreckt, vermutlich haben wir der Motor in Winter falsch gelagert und das alte Benzin ist verharzt. Jens hat einen Kompressor an Bord, mit dem der gröbste Dreck aus dem Vergaser gepustet werden kann. Der Motor springt an, läuft aber nur unter Vollgas… Mal schauen, ob wir das noch optimieren können.

Mit Volldampf sausen wir nun an Land, Ziel: Lyø rund. 12 Kilometer rund um die Insel laufen! Am steinigen Weststrand beobachten wir, wie eine Entenmama ihren vier oder fünf Küken das Schwimmen beibringen will. Die Kleinen werden von der Brandung immer wieder an Land geworfen, aber irgendwann schaffen sie es hinter Mama her zu paddeln. Was muss das anstrengend sein, wenn die Wellen aus der eigenen Perspektive haushoch erscheinen…? 🦆

Nach 10 Kilometern gönnen wir uns im Hafen ein Eis und absolvieren tapfer auch noch die letzten beiden Kilometer bis zum Schlauchi im Laufschritt. Danach sind wir erledigt… Der Wind lässt nicht nach, aber mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt, dass das Boot am Anker ein wenig Karussell fährt. Nach dem Essen kann es mein Skipper natürlich nicht lassen und versucht noch einmal, den Vergaser zu reinigen. Da dem Ingenieur ja bekanntlich nichts zu schwör ist, schnurrt das Motörchen am Ende des Tages wieder wie neu. Der Urlaub ist gerettet!

26.7.23 Lyø - Thorø 27sm

Immer noch weht der Wind mit bis zu 20kn. Angesagt sind für heute Böen bis 30kn. Wir können uns nicht so richtig entscheiden, was wir tun wollen. Der Wind soll im Laufe des Tages nachlassen und wir wollen ja auch bei kräftigem Wind gut und sicher segeln können. Das Schiff hat kein Problem damit, die Schwachstelle ist immer die Crew. Im kleinen Belt zwischen den Inseln kann nicht so viel Welle auflaufen, was es erträglich macht. Also bereiten wir das Großsegel im 2. Reff vor und fahren los! Zunächst müssen wir gegen den Wind aufkreuzen, was erst gar nicht funktioniert. Im großen und kleinen Belt herrschen oft nicht zu unterschätzende Strömungen, die je nach Wetterlage die Richtung wechseln können. Heute macht uns der Strom richtig zu schaffen, auf dem ersten Schlag kommen wir kaum vom Fleck.

Aber irgendwie geht es dann doch voran. Wir sind mit dem zweiten Reff im Großsegeln nicht übermäßig schnell, aber sicher unterwegs! Wo wollen wir eigentlich hin, fragen wir uns dann doch irgendwann mal? Ankern? In den nächsten Hafen? Welcher wäre denn geeignet? Assens wäre möglich. Nein, wir ankern! Östlich von Bågø sollte es bei dem weiter vorherrschenden Westwind gehen. Da die Küste von Bågø aber recht gradlinig ist und keinen Schutz nach Norden oder Süden bietet, entscheiden wir uns kurzfristig um. Kurz vor Assens gibt es eine kleine Bucht, die genug Schutz in alle Richtungen zu bieten scheint. Noch immer hat der Wind nicht nachgelassen, aber der Anker hält und wir wagen es wieder, Tabaluga alleine zu lassen und einen kurzen Spaziergang in das Örtchen Thorøhuset zu machen. Heute Nacht soll es endlich ruhiger werden und die Böen nachlassen. So kennen wir den Sommer in Dänemark, immer ein bisschen launisch.

27.7.23 Thorø - Middelfart 17,6sm

In der Nacht hat der Wind endlich nachgelassen und kommt nun aus Süd. Gemütlich segeln wir ohne Eile nur mit gesetzter Genua vor dem Wind in den Norden mit Ziel Middelfart. Dort angekommen machen wir eine kurze Rundfahrt durch den südlichen Hafen. Jetzt ist das Wetter so ruhig geworden, dass wir es irgendwie albern finden, ausgerechnet heute nicht zu ankern und stattdessen Geld für den Hafen zu bezahlen. Direkt gegenüber der Marina ist eine wunderbare Ankerbucht am Ufer der Insel Fænø.

Da wir uns ja fest vorgenommen hatten, im Urlaub viel Sport zu machen, wollen wir erneut eine Insel im Laufschritt unrunden. Wir rudern mit Schlauchi an Land und laufen los. Gleich am Anfang geht es schon hoch und runter, mal schauen, ob wir die komplette Runde durchhalten… Wir kommen zu einem luxuriösen Bau, dieser sieht aus wie ein Gutshof, ist aber anscheinend nicht landwirtschaftlich betrieben. Was ist das bloß für eine Insel? Moderne Architektur, Kunstwerke, gepflegte Alleen, aber kein Mensch ist zu sehen. Wir treffen auf eine tierische Vielfalt, hunderte Hirsche, Fasane, Hasen. Irgendwie würde das alles hier in eine Szene von einem James Bond Film passen. Acht Kilometer laufen wir durch diese wunderschöne Landschaft. Natürlich kann ich es nicht lassen und recherchiere ein bisschen. Die Insel befindet sich in Privatbesitz, man kann dort “ganz diskret” Feiern oder Seminare abhalten. Ich denke, das hier passt nicht ganz in unsere Gehaltsklasse…

Nach dem Laufen düsen wir noch mal mit Schlauchi los, um Frischwasser zu organisieren. Gegenüber der Insel gibt es einen Wohnmobilstellplatz. Dort bekommen wir bestimmt Trinkwasser. Aber wir werden enttäuscht, außer einer dreckigen öffentlichen Toilette gibt es hier wohl nichts. Dort mag ich kein Wasser holen. Direkt hinter dem Stellplatz ist der Fähranleger für Fænø, selbst hier gibt es eine Schranke, die uns einfachen Leute fern hält. Schon ganz großes Kino!

Auch im nahe gelegenen kleinen Hafen für private Fischerboote gibt es kein Wasser und in der großen Marina braucht man eine Bezahlkarte. Das sehen wir nicht ein, das Wasser reicht noch für den nächsten Tag, so war es ein netter Ausflug mit Schlauchi. Der Abend ist einfach nur wunderbar, vor allem, wenn sich neben dem Boot die Schweinswale tümmeln. Anscheinend gibt es im kleinen Belt reichlich zu futtern! 🐬

28.7.23 Middelfart - Juelsminde 21,8sm

Am Morgen drehe ich noch eine Runde auf dem SUP, danach fahren wir los. Der erste Tag mit Bikini-Wetter an Bord, nun wird es Sommer! Kein Wind, Sonnenschein reichlich. Wir tuckern gemütlich durch den kleinen Belt unter den Brücken hin durch. So lässt sich das schon aushalten für eine Weile, nur der Sound des Motors stört. Man kann leider nicht alles haben… Segeln geht halt nur mit Wind.

Wir kommen zu annehmbarer Zeit in Juelsminde an, der “Bettenwechsel”, wie wir ihn nennen, ist noch nicht komplett vollzogen, eine schöne große Box ist noch frei. Wir probieren erneut unser Anlegermanöver, in dem wir uns seitlich an die Pfosten anlegen und dann langsam in die Box hineinziehen wollen. Das klappt leider nicht wie wir uns das vorgestellt hatten, weil ein großes Motorboot seinen Anker zu weit draußen hat. Deshalb kann ich nur eine Leine um den inneren Pfosten machen und drehen wir ein wenig zu weit in Richtung des Nachbarschiffs. Der Eigner bekommt Angst um sein anscheinend nagelneues Boot und brüllt herum. Da aber weder viel Wind herrscht noch wir in schneller Fahrt sind, ist das Geschrei unnötig. Zumal ja Fender außenbords hängen und er auf seinem Boot steht und uns abhalten kann. Er meint uns wertvolle Tipps geben zu müssen, so was wie: “Hab ich nicht gesagt, dass…”. Ich bitte so ruhig wie möglich darum, dass wir während des Manövers keine Tipps hören möchten. Es wäre eh zu spät, auf seinen Hinweis einzugehen. Darauf hin wird er ausfallend, er “hasst sowas..” oder “hasst solche Leute…”. Den kompletten Satz verstehe ich zum Glück nicht. Letztendlich nimmt sein Sohn unsere Vorleinen an und wir reden kein weiteres Wort miteinander.

Und wieder frustriert es mich total, dass so viele Deutsche so unfreundlich sein müssen. Es ist nichts passiert und es war alles unter Kontrolle, da kann man über ein nicht ganz optimales Manöver auch mal lächeln. Niemand ist perfekt, oder? Meine Laune ist im Keller, dazu hab ich wohl zu wenig gegessen und zu viel Sonne getankt, da macht mein Kreislauf schlapp. Viel Wasser und die restlichen Nudeln von gestern bringen ihn zum Glück wieder auf Vordermann. Wir gehen einkaufen, schlendern noch gemütlich am Hafen entlang und essen ein Eis. Die wenigen Geschäfte haben bis 22 Uhr geöffnet, überall ist Musik und viel Leben auf der Straße. Ein typisches Bild der kurzen Hochsaison in Dänemark, wir haben das Örtchen hier im September auch schon still und verlassen vorgefunden.

Es steht eigenartig viel Wasser im Hafen, die vorgelagerte Mole ist fast überschwemmt. Wir vermuten, dass nach Nachlassen des kräftigen Westwinds, der das Wasser in Richtung Ost drückt, das Wasser wie ein “Mini-Tsunami” wieder zurück kommt. Gezeiten sind in der Ostsee ja doch eher zu vernachlässigen.

29.7.23 Juelsminde - Aarhus 29,8sm

Wir beschließen, dass wir uns gerne die Stadt Aarhus anschauen wollen. Dort waren wir noch nie und die Motorboaties neben uns bestärken uns in dem Vorhaben. Wir bekommen den Rat, den Hafen Marselisborg anzulaufen. Der Wind ist noch nicht zurück, wir fahren mit Motor los. Ab und zu regnet es, aber es passiert ansonsten nicht viel. In Marselisborg angekommen, üben wir unser “neues” Anlegemanöver noch einmal. Seitlich an die Pfosten heranfahren, zwei Leinen von vorne über die Pfosten legen, um den inneren Pfeiler in die Box reindrehen und dann ganz langsam und kontrolliert in die gelegten Leinen hinein fahren. Es klappt diesmal perfekt, wir sind stolz auf uns, so kann man eigentlich bei jedem Wind und Wetter langsam und sicher in die Box hineinfahren. Wir machen noch einen kurzen Abendspaziergang und überlegen uns, was morgen so an Sehenswürdigkeiten auf der Liste steht!

⛵️