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Ostern bis Himmelfahrt

6.4.2023 Westergellersen – Travemünde

Juchuuu, da sind wir wieder, die Saison geht los! So denken wir jedenfalls. Das Wetter sieht das leider noch ein bisschen anders. Es ist kalt, kalt und kalt. Ende Februar waren wir Skifahren im Allgäu und als wir uns dort verabschiedet haben, schien die Sonne, der Frühling gab Pfötchen und wir waren sicher, den Winter hinter uns in den Alpen zu lassen. Das war leider falsch, im Norden blieb der Winter hartnäckig. Da nützt aber kein Jammern, die freien Tage über Ostern müssen wir nutzen, um die Tabaluga wieder von Travemünde nach Dänemark zu überführen.

Kurz sieht es danach aus, als könnten wir wieder einen Liegeplatz in Großenbrode bekommen, aber leider erweist sich die angedachte Box auch wieder als zu klein. Einen Zentimeter Platz zwischen Boot und Dalben, das war dann doch sehr optimistisch, zumal wir noch eine Fenderleine außenbords hängen haben. Also bleibt uns erstmal nichts anderes übrig, als den angestammten Platz in der Marina Minde einzunehmen. Es ist ja auch wunderschön dort, nur so weit zu fahren und die Förde ist nicht fürs “mal eben raussegeln” mit einem für Langfahrt ausgerüsteten Segelschiff geeignet. Schnelle Wenden und Halsen sind darauf nicht geplant, auch alle anderen Manöver nehmen einfach mehr Zeit in Anspruch als vorher auf der Najad. Liegt vielleicht auch (noch!) an uns. Auf der anderen Seite: wenn wir es in der Förde beherrschen mit dem Schiff, dann werden uns schwedische Schären vermutlich auch nichts mehr ausmachen…?

Also begeben wir uns mit reichlich Umwegen über Land und Verspätungen dank festgeklebter Umweltschützer in Elbtunnel und auf den Elbbrücken Richtung Travemünde. Zusätzlich muss ja noch ein Auto nach Minde, irgendwie müssen wir ja wieder zurück. Beim Laden irgendwo bei Flensburg entdecken wir den besten Dönerladen seit langem, was uns für die viele Fahrerei entschädigt.

Die Dieselheizung wärmt das Schiff zum Glück einigermaßen schnell auf, aber ich hole mir dennoch die zweite Bettdecke heraus, um mich so richtig einzukuscheln in der noch winterlich anmutenden Koje.

7.4.2023 Travemünde – Grömitz

Die Sonne wagt sich hervor, wir setzen uns das Ziel Großenbrode oder sogar Fehmarn für den ersten Tag. Dieses Mal haben wir den Dieseltank offen, so dass Tabaluga ohne Probleme startet und wir nicht wie im letzten Jahr gleich zu Beginn der Saison einen Riesenschrecken bekommen.

Draußen in der Lübecker Bucht herrscht leider Gegenwind und eine ordentliche Welle. Es ist so unangenehm, dass wir entscheiden, schon vorher nach Grömitz reinzufahren. Es zieht zu und fängt auch noch an zu regnen. Die Einzige, der das alles mal wieder nichts ausmacht (oder es sich nicht anmerken lässt) ist unser Bordhund…

Die Hafeneinfahrt von Grömitz ist eine ziemliche Schaukelei und quer gegen die Welle auch nicht ganz ungefährlich. Aber mein Skipper fährt uns sicher hindurch, ich atme auf. Der Hafen ist noch leer, so dass wir einen Längsseitsplatz gegen den Wind nehmen können. Der Hafenmeister kommt vorbei und meint auch: Respekt, das sah spannend aus mit der Einfahrt. So nehmen wir durchgeschüttelt und durchgefroren unser Anlegerbier ein und beobachten am Steg ein paar Urlauber, die mit Köfferchen und Taschen edelster Hersteller über den Steg wackeln. Sie werden an einem ziemlich großen Katamaran empfangen und haben es dort sicherlich warm und trocken. Vermutlich legt dieser Katamaran heute nicht mehr ab 😉.

Im Hafenbüro werden wir mit den Worten: “Ihr seid die Segler, oder?” begrüßt. Nach Bezahlen und ein bisschen Smalltalk rutscht es mir raus: “Woran hast Du das denn jetzt erkannt?” (Das Du beruhte auf Gegenseitigkeit, unter Boaties halt) “Na, ihr seid nass und durchgefroren… in meinem Motorboot wäre es schön warm!” Ich spare mir die freche Antwort, dass er mit seinem Motorboot bei dem Wetter sicherlich auch nicht rausgefahren wäre, man muss sich ja nicht gleich jede Freundlichkeit verderben! Wir bekommen für saftige Hauptsaisonpreise (da ist Grömitz wirklich ganz weit vorne!) wenigstens den Schlüssel für die Familiendusche und werden am nächsten Tag bei Abreise sogar gefragt, ob der Hund auch mit warm duschen durfte…

Der Hundespaziergang führt uns heute Abend zur Steilküste. Diese erweist sich als wunderschöner Naturspielplatz. Lieschen ist wie immer leicht zu begeistern und tobt wie verrückt. Aber auch wir finden es wunderbar!

8.4.2023 Grömitz – Orth

Heute macht es den Eindruck, als würde das Wetter ein bisschen besser. Nachdem wir Dahmes Höved passiert haben, können wir endlich die Segel setzen, nun läuft es! Die Sonne kommt raus, auf Vorwindkurs wird es endlich angenehm. Wir passieren die Fehmarnsund-Brücke und biegen ab Richtung Orth. Hier finden wir den besten Liegeplatz ever. Normalerweise sind die richtig coolen Platze natürlich in der Hauptsaison belegt, aber heute haben wir Glück! Ein Einzelsteg ist frei, direkt hinter dem Filmschiff “Princess of Schwanitz”. Ihr erinnert euch? Der Krimi mit Hinnerk Schönemann und so…

Der Steg ist auf jeden Fall grün, also frei. Vom Kran her tönt allerdings eine Stimme, der Platz sei besetzt! Beinahe vermasseln wir den Anleger noch, aber mein Skipper bleibt gelassen: wir legen hier an! Später fragen wir netterweise nach, ob das unter dem Kran liegende Boot, von dem die Stimme kam, denn nun den Platz haben möchte? Nö, jetzt nicht mehr, sie würden ja eh gleich wieder fahren! Wir verstehen die Aufregung nicht so ganz und freuen uns auf das Anlegerbier auf der Mole.

9.4.2023 Orth – Marina Minde

Endlich herrschen angenehme Bedingungen. Wind aus achtern, damit ist es längst nicht mehr so kalt. Wir wollen es endlich mal wagen, den Spinnaker zu setzen. Da wir das tatsächlich beide noch nie gemacht haben, bereiten wir uns über eine detaillierte Google Suche vor. Hier findet man ja heute zum Glück alles, denn sind wir mal ehrlich: in den alten Segelhandbüchern für die Führerscheine steht so etwas nicht drin. Wir finden uns jedenfalls irgendwann zurecht und das für uns neue Segel treibt Tabaluga voran.

Liese schläft wie immer, unsere Bemühungen interessieren sie nicht. Hauptsache ankommen und irgendwann wieder rumtoben dürfen. Nach ruhigen Stunden auf dem Wasser kommen wir endlich in Marina Minde an. Der erste Anleger der Saison ist okay, aber durchaus noch ausbaufähig… 😅

10.-11.4.2023 Marina Minde

Nun ist erstmal ausschlafen angesagt. Im Laufe des Tages schaffen wir es dann endlich, die dreimal neu geplanten und umgetauschten Fensterblenden für Sonnenschutz und gegen Mücken einzubauen. Wir mussten dafür die Umrandungen der Fenster aus Holz ausbauen, diese vom Tischler ein bisschen kürzen lassen und sie neu lackieren. Aber was lange währt, wird endlich gut. So langsam ist unser schönes Schiff zumindest innen fertig und richtig wohnlich! Abends setzt Regen ein und zwar so heftig, dass der letzte Hundespaziergang des Tages extrem kurz wird, da hat selbst Liese keine Lust, noch irgendwo hin zu laufen.

Die Rückfahrt nach Westergellersen verläuft unspektakulär, wobei das Suchen geeigneter Ladepunkte für das E-Auto immer noch ein Abenteuer ist. Meistens findet man einen, der dann aber belegt ist oder nicht funktioniert. Heute kommen wir aber gut mit beiden Autos müde und zufrieden nach Hause.

April und Mai in Marina Minde

Der Saisonstart verläuft wie immer sehr ruhig. Das Wasser und die Luft sind noch kalt und der Wind rau. Wir genießen einfach die Zeit an Bord. An einem Sonntag versuchen wir, bis nach Flensburg in die Stadt zu segeln, aber die Windrichtung in der Förde ist manchmal tückisch. So kreuzen wir gegen den Wind hin und her und fahren teils wieder fast zurück, so dreht der Wind hier. Irgendwann geben wir auf und fahren zurück nach Minde, ganz gemütlich vorm Wind… Immerhin haben wir viele Wendemanöver geübt!

18.5.2023 Marina Minde - Sønderborg - Ankerbucht bei Augustenborg

Himmelfahrt, langes Wochenende! Wie es scheint, haben wir dieses Jahr Glück mit dem Wetter, es ist weder Sturm noch Regen angekündigt. Wir machen uns also schon Mittwoch abends spät auf den Weg, um dem Feiertagsverkehr vorweg zu eilen. Das ist anstrengend, erst mitten in der Nacht in Dänemark zu sein, aber das gemütliche Frühstück am nächsten Morgen an Bord entschädigt für die Strapazen.

Gegen Mittag wollen wir aufbrechen, erstmal in Richtung Sønderborg und dann mal gucken. Der Wind ist lau, die Sonne scheint. Wir bereiten das Manöver zum Ablegen sorgfältig vor, lange Leine nach vorne, Kielschwert ganz nach unten. Bernd zieht uns vorsichtig nach hinten, er löst die Heckleinen , gibt rückwärts und ruft auf einmal: “wir hängen fest!”. Ich prüfe, ob wir mit einem Fender oder irgend was anderem hängen geblieben sind, aber nichts davon. Es scheint, als hängen wir mit dem Schwert fest. Das kann doch wohl nicht wahr sein, das Wasser sollte an dieser Stelle tief genug sein! Am Steg erscheinen schon Helfer, die besorgt fragen, was los ist. Ich schaffe es gemeinsam mit den Helfern, wieder eine Leinenverbindung nach vorne herzustellen, so dass wir uns ein Stück nach vorne ziehen können. Nach mehreren Versuchen, das Schwert rauf- und runter zu fahren, sind wir frei. Ob wir an einem Kabel oder einer Kette zur Befestigung des Steges hängen geblieben sind, können wir nicht mehr feststellen. Jetzt geht es erstmal los ins Wochenende!

Der Wind ist nicht konstant, dreht hierhin und dorthin, mal mehr, mal weniger. Für die nächsten Tage ist Flaute angesagt. in Sønderborg angekommen, finden wir die stadtseitige Mole leer vor, was uns komisch vorkommt. Wir sehen aber Schilder, die auf das Ankommen anderer Boote hinweisen und uns das Anlegen verbieten. Da auf der sundseitigen Seite der Brücke auch alles voll zu sein scheint, legen wir gegenüber der Stadt bei den Fischern an. Von hier aus ist die Sicht auch viel schöner und nicht jeder Fußgänger kann einem ins Boot gucken… Ich recherchiere, ob eine Veranstaltung an Himmelfahrt angekündigt ist und finde heraus, dass traditionell heute die Rum-Regatta in Sønderborg Halt macht. Es werden eine Menge Traditionsschiffe erwartet. Das Hafenkino ist bereits jetzt in vollem Gange. Die einen wollen anlegen, dürfen aber nicht. Die nächsten wollen unter der geöffneten Brücke durch, trödeln aber, so dass der Brückenwärter per Lautsprecher “gib Gas!” ruft.

Wir werden von der Zweier-Crew einer großen Bavaria gefragt, ob sie bei uns längsseits gehen dürfen. Nur für eine halbe Stunde und ein dänisches Eis? Ja, natürlich, kein Problem. Wir kommen ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie ebenfalls in Marina Minde liegen, wir uns aber bisher wohl nicht begegnet sind. Während wir plaudern, kommt eine nette Hafenmeisterin vorbei und bittet uns wirklich sehr freundlich darum, den Liegeplatz frei zu machen. Ihr fällt das deutsche Wort für das Schiff, das kommen soll, nicht ein. Sonst können wir wirklich immer da anlegen, betont sie, nur heute leider nicht. Egal, wir schließen uns unseren Nachbarn an, die eine schöne Ankerbucht “um die Ecke” kennen. So tuckern wir bei tief stehender Sonne durch den Alssund, ankern wie versprochen an einem herrlichen Plätzchen in der Natur und freuen uns nun doch über die Ruhe, die wir in Sønderborg an einem Regatta-Abend wohl nicht gehabt hätten.

19.5.2023 Ankerbucht bei Augustenborg

Wie angesagt, ist Flaute und wir beschließen zu bleiben und einfach mal einen ganz faulen Tag in der Bucht zu begehen. Naja, so ganz faul ist man an Bord ja nie, irgendetwas gibt es immer zu basteln. Ich puste mir das SUP auf und paddel in die Bucht hinein. Natürlich noch nicht im Bikini, sondern der kurze Neopren-Anzug ist doch die bessere Wahl, bei Wassertemperaturen um ca. 12-15 Grad. Ein ausführlicher Spaziergang an Land gehört natürlich auch zu so einem Tag.

Wir verabreden uns mit den neuen Bekannten, die ebenfalls geblieben sind, für den Abend am Strand mit einem Bier. Der Abend wird herrlich, wir unterhalten uns ganz wunderbar mit Sandra und Heiner. Die Sonne liefert uns einen perfekten Untergang und wir sind sehr dankbar, dass wir so wunderbare Dinge erleben dürfen. Als wir mit Schlauchi zum Boot zurück paddeln, sehen wir komische Blasen an der Wasseroberfläche, können erst nicht identifizieren, was das sein könnte? Es sind Quallen, die nach Sonnenuntergang nach oben schwimmen. Was sie antreibt, bleibt uns vorerst ein Rätsel.

20.5.2023 Ankerbucht bei Augustenborg - Sønderborg

Heute wollen wir aber wieder los, noch ein bisschen segeln und abends nach Sønderborg. Es sind ganz kräftige Böen angesagt, aber im Alssund wird es wohl nicht so schlimm sein. Wir segeln erst ein bisschen raumschots Richtung Nord-Westen und auf einmal höre ich ein Zischen und Prusten: direkt neben uns schwimmt ein Schweinswal! Gesehen haben wir ihre kleinen Rückenflossen ja schon oft, aber so nah war noch nie einer. Er (oder sie?) begleitet uns sogar ein bisschen. So ein wundervolles, schützenswertes Geschöpf 🥰.

Dummerweise verschätzen wir uns mit dem Rückweg. Mir ist ein bisschen komisch vom Frühstück, irgendwie passt heute was nicht. Wir müssen doch zurück kreuzen, was uns heute nicht gut gelingt. Schlechte Absprachen, Fehler in den Manövern. Alles nichts Gefährliches, aber ständig ist die Fahrt raus oder wir haben schon wieder einen so schlechten Wendewinkel, dass wir fast wieder zurück fahren. Nach der zweiten richtig vergeigten Wende verlässt mich meine Motivation und Frust kommt auf. Kurz denke ich an unsere doch ganz erfolgreichen Regattafahrten mit der alten Najad und vermisse das gute alte Schätzchen ein bisschen. Aber dann reiße ich mich zusammen und stelle den Vergleich mit dem Reitsport. Niemals hätte ich meine verrückte Lucky wieder hergegeben nach anfänglichen Schwierigkeiten. Nein, ich musste besser reiten lernen! Und manche Tage muss man einfach abhaken. Genauso ist es mit dem neuen Schiff. Morgen ist ein neuer Tag und wir lernen weiter, um damit richtig gut zu werden.

21.5.2023 Sønderborg - Marina Minde

Guter Schlaf an einem sicheren Steg hilft, um den nächsten Tag wieder positiv anzugehen. Frische dänische Brötchen tun ihr übriges dazu. Ausreichend gestärkt machen wir uns auf den Weg nach Marina Minde. Heute läuft es wieder besser, wir fahren eine gute und sichere Halse. Vor Minde frischen die Böen wieder auf. Hier macht die Förde einen “Knick”, oft entstehen nicht ganz berechenbare Winddreher. Wir probieren ein neues Anlegemanöver aus, in dem wir seitlich an einem Pfosten anlegen und uns ganz langsam und kontrolliert in die Box hinein ziehen. Das klappt, macht Mut, gibt Sicherheit und wir sind mit unserem Können und unserem Schiff wieder ausgesöhnt.

Zum Abschluss des wunderbaren Wochenendes darf Lieschen noch mal so richtig toben und baden, sie macht alles so toll und unkompliziert mit, da ist die Belohnung wohlverdient.