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Im September und Oktober dürfen wir ein noch ein paar wunderbare Tage im hyggeligen Dänemark erleben, bevor die Rückfahrt nach Travemünde ansteht. Dort liegt unser Schiff bei den gefürchteten Westwind-Winterstürmen ruhig und sicher. Wir verabschieden uns von Marina Minde für das Winterhalbjahr und wünschen “unseren” Schwanenkindern alles Gute. Sie sind mittlerweile genauso groß wie ihre Eltern, alle vier haben es geschafft! Mögen stolze Schwäne aus euch werden. Im nächsten Jahr hoffen wir, wieder kleine Flauschbällchen im Hafen begrüßen zu dürfen.
21.10.2022 Westergellersen - Travemünde - Marina Minde
Den perfekten Zeitpunkt für die Rückfahrt zu finden, ist im späten Herbst ja immer so eine Sache. Wir halten uns drei Wochenenden frei, um das beste Wetterfenster zu erwischen. Das lange Wochenende mit dem Reformationstag wäre natürlich perfekt, aber es wäre auch die letzte Möglichkeit. So lange zu warten, erscheint uns dann doch zu kritisch. Das Wetter ist aber ruhig, die Stürme lassen auf sich warten. So beschließen wir schon am Wochenende vor dem langen Wochenende loszusegeln. Logistisch ist es immer eine gewisse Herausforderung, so eine Überführung zu managen. Dieses Jahr haben wir aber ja wieder zwei Autos und können es ohne fremde Hilfe schaffen. Ja, die Bahn gibt es auch, aber wer schon mal versucht hat, von Flensburg nach Lübeck mit der Bahn zu fahren, weiß, was ich meine. Mit unseren unsicheren Ankunftszeiten als Segler und den langen Fahrtzeiten (Zwischenstopp ist Hamburg…) können wir mit den Öffis einfach nicht planen. Also fahren wir mit zwei Autos nach Travemünde. Dort lassen wir ein Auto stehen und fahren weiter nach Dänemark.
22.10.2022 Marina Minde - Heiligenhafen
Als wir am Morgen aufwachen, trauen wir unseren Augen kaum. Nebel hängt über der Förde, so dicht, dass wir uns fragen, ob es Sinn macht, loszusegeln. Wind ist nicht vorhanden, es bleibt eh nur die Motorfahrt. Egal, wir wagen es, sicherlich wird die Sicht besser, sobald wir aus der Förde hinaus sind. Wir haben Radar an Bord und sind gespannt auf neue Herausforderungen!
So tuckern wir los und sind erstaunt, WIE unfassbar irritierend der Nebel ist. Wenn man auf die Strömung im Wasser schaut, ist man sich sicher geradeaus zu fahren, dabei fährt das Schiff bereits einen grandiosen Bogen. Ohne Hilfe eines Referenzpunktes an Land zu navigieren, ist so gut wie unmöglich. Wir können uns vorstellen, wie es zu vielen Schiffsunglücken in der Vergangenheit kam, ohne die heutigen Navigationshilfen wie Radar und GPS an Bord zu haben. Die funktionieren bei uns zum Glück, wir stellen den Autopiloten an, verfolgen unseren Kurs auf Radar und Plotter und können so sicher aus der Förde hinaussteuern. Wir sind auch nicht die einzigen auf dem Wasser, hier und da meldet das AIS einen anderen Segler. Sehen tun wir niemanden…
Draußen auf der Ostsee lichtet sich der Nebel nur sehr langsam. Auf dem Kiel-Oslo-Weg treffen wir die Colorline Fähre und stellen fest, dass es mal wieder an der Zeit für einen Ausflug nach Oslo wäre!
Wir überlegen, wo wir die Nacht verbringen wollen. Heiligenhafen, Großenbrode, Fehmarn? Da es absolut windstill ist und auch für die Nacht kein Wind angesagt wurde, beschließen wir, vor Heiligenhafen in der Bucht zu ankern. Warum für ein paar Stunden in den Hafen fahren, Geld ausgeben, zumal alle Häfen einen Umweg bedeuten würden. Wir freuen uns, dass wir mittlerweile so sicher bei den Ankermanövern sind und es so einfach ist, mit dem Schlauchi und Liese an Land zu kommen. Wir lieben die Ruhe in einer Ankerbucht, niemand in der Nähe, der uns stört. Niemand? Huch, da liegt doch ein weiterer Segler vor Anker! Durch den wieder aufkommenden Nebel haben wir ihn kaum gesehen. Wir haben den ganzen Tag vor uns jemanden auf dem AIS gesehen, gestartet in Flensburg und die sind tatsächlich auf die gleiche Idee gekommen wie wir und ankern in der sicheren Bucht.
23.10.2022 Heiligenhafen - Travemünde - Marina Minde - Westergellersen
Am nächsten Morgen hängt der Nebel wieder tief über dem Fehmarnsund. An Segelsetzen ist nicht zu denken. Die spannenden Passage durch die Fehmarnsundbrücke steht uns bevor. Wieder wären wir ohne Radar und GPS ziemlich aufgeschmissen. Es ist ein kaum zu beschreibendes Gefühl, als die Brücke auf einmal direkt vor uns aus dem Nebel auftaucht. Auf etwas zuzusteuern, von dem man weiß, dass es einem im Weg sein kann und es nicht zu sehen, sich dann doch “nur” auf die Geräte zu verlassen, ist herausfordernd. Aber es macht auch Spaß, ist aufregend. Kein Tag auf dem Meer gleicht dem anderen.
Kurz hinter der Brücke, noch im Fahrwasser taucht auf einmal ein Segler auf, ein wunderschöner Klassiker unter Vollzeug segelnd. Wir sind beeindruckt, dass sie es bei dem Wetter wagen zu segeln. Ist das Mut, Leichtsinn oder Erfahrung? Zwischendurch lässt sich die Sonne mal blicken, dann ist sie wieder vollkommen verschwunden. Nach der Brücke warten keine größeren navigatorischen Herausforderungen mehr auf uns, so dass wir entspannt die Faszination Nebel auf uns wirken lassen. Lieschen macht das, was sie am besten kann: schlafen. Fest zusammen gerollt, interessiert sie sich gar nicht für ihre Umgebung und vertraut uns vollkommen.
In der Lübecker Bucht lichtet sich der Nebel endlich. Schon von weitem ist das Maritim, das Hotelhochhaus am Travemünder Strand zu sehen. Wieder sind wir die gesamte Strecke unter Motor gefahren, irgendwie schade. Aber so ist es, wenn man nicht die Zeit und Muße hat, auf die perfekten Bedingungen zu warten. Nun kommen wir in unserem Winterhafen an, sicher und wohlbehalten. Einiges steht noch auf der To-Do-Liste, was an Bord zu mehr Komfort beitragen kann, mal schauen, was wir in diesem Winter schaffen. Ende Januar steht auf jeden Fall der Besuch auf der “BOOT” in Düsseldorf im Kalender. Nach zwei Jahren Corona-Pause und nun vollkommen anderen Anforderungen (Najad <=> OVNI) wollen wir uns einen Tag Zeit nehmen, um uns mit neuesten Trends vertraut zu machen.
Der lange Tag endet müde, aber zufrieden in Westergellersen, nachdem wir schnell in der Böbs-Marina alles Notwendige ins Auto geschmissen haben. Zügig zurück nach Marina Minde, das zweite Auto holen, Zwischenstopp beim Burger King in Flensburg zum Laden (für das Auto Strom, für uns Kalorien) und ab nach Hause.
28.-31.10.2022 Travemünde
Nun bleibt uns noch ein wunderbares, langes Wochenende zum Saisonabschluss in Travemünde. Wir telefonieren mit Michi, unserem Segellehrer und Begleiter bei der Überführung von Frankreich nach Deutschland. Er hat sein Schiffchen in der Nachbarmarina und ist gerade auch da, um Überwinterungsarbeiten zu starten.
Gemeinsam überlegen wir, endlich mal die Passat, die Viermastbark, Wahrzeichen Travemündes, zu besichtigen. Freunde von Michi, Mitarbeiter der Segelschule, schlagen vor, mit einem der Motorboote der Segelschule zum Passathafen auf den Priwall überzusetzen. Wir freuen uns über das nette Angebot, uns einfach mal schippern zu lassen. Leider stockt der Motor der Freya, irgendetwas stimmt nicht, so dass wir dann doch mit der Fähre fahren müssen. So kommen wir aber zu einem ausgiebigen Spaziergang, was Lieschen natürlich freut. Sie darf nur leider nicht mit auf die Passat, so dass wir in zwei Schichten zur Besichtigung starten.
Wenn man so ein Schiff betritt, ist es einerseits beeindruckend, aber es stimmt auch traurig, dass sie nie wieder in See stechen wird. Der Taufspruch ist sehr bewegend und spricht für sich.
Der Sturm bedroht in der Nordsee den Segler.
Dichter Nebel im verkehrsreichen Kanal bereitet Gefahr.
Des Ozeans ganze Wucht trifft ihn in der Biscaya.
Erst wenn der Wendekreis überschritten,
zieht mit den vom Passat geschwellten Segeln das Schiff in schnellem Lauf seinem Ziele zu.
Mögen günstige Winde Dich, Du stolzes Schiff,
stets schnell und sicher in den schützenden Hafen geleiten.
Diesem Wunsche soll Dein Name Ausdruck geben.
Ich taufe Dich Passat.
Gebaut im Jahr 1911 zunächst als Frachtsegler zwischen Europa und Südamerika, in den Fünziger Jahren als Segelschulschiff eingesetzt, umrundete sie 39mal das Kap Hoorn. 1957 wurde sie außer Dienst gestellt, da es sich nicht mehr rentierte, Segler dieser Größe zu betreiben. Sie zeigte ausgezeichnete Segeleigenschaften, erreichte unter 4.100 m² Segelfläche eine Geschwindigkeit von bis zu 18 Knoten. Seit 1959 gehört die Passat der Hansestadt Lübeck, was bis heute so geblieben ist. Sie diente als Ausbildungsstätte, Jugendherberge, Veranstaltungsort und steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Sie ist zwar noch schwimmfähig, aber nicht mehr fahrtüchtig. Eine Initiative diesbezüglich wurde von der Stadt Lübeck bisher immer abgelehnt, da die Kosten nicht abschätzbar wären. Schade, denn der Blick über den Klüverbaum Richtung offenes Meer ist so vielsagend. Auch für ein Schiff, wenn man wie wir daran glaubt, dass auch ein Schiff eine Seele hat…
Den nächsten Tag nutzen wir, um noch ein bisschen vor Travemünde hin- und her zu dümpeln. Wenigstens noch einmal die Segel setzen in diesem Jahr. Auch wenn wir keine Geschwindigkeiten mehr erreichen, wir genießen jede Minute auf See. Am Abend gehen wir mit Michi essen und klönschnacken noch mal ein wenig über den zurückliegenden Sommer und die Pläne für die Zukunft.
Am letzten Tag der diesjährigen Saison, mein Geburtstag, bewegt sich gar kein Lüftchen mehr. So belassen wir Tabaluga an ihrem Steg und lassen zu Fuß noch ein wenig die Seele baumeln. Kaffee und Kuchen, volles Verwöhnprogramm für die Crew lässt den Tag ausklingen. Auf Wiedersehen in 2023!
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