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7.8.2022 Nyborg - Ankerbucht vor Kalundborg 35,6sm
Die Holländer verlassen gleichzeitig mit uns den Hafen, was es ein wenig trubelig macht. Eigentlich bräuchten wir zur Sicherheit noch ein wenig Diesel, aber das wäre mit Wartezeit verbunden, dazu haben wir gerade keine Lust. Daher nehmen wir Kurs auf die Store Belt Brücke. Es weht nur ein laues Lüftchen, aber gerade genug, um unter Segel durch die Brücke zu gelangen. Der Strom im großen Belt ist gerade mit zwei Knoten gegen uns. In welche Richtung die Strömung geht, hängt von der Wetterlage ab und bei Westwind geht der Strom von Nord nach Süd. Der Wind ist weiterhin recht schwach, wie auf allen Wetterseiten angesagt.
Bernd wünscht sich lokale Wetterphänomene, wie zum Beispiel eine Wolke, die ein bisschen Wind mitbringt. Und wie heißt es so schön? Man sollte aufpassen, was man sich wünscht, es könnte wahr werden! Auf einmal frischt der Wind auf, wird immer mehr und auf einmal haben wir 20kn Wind und es fängt an zu regnen. Muss das Wetter denn immer gleich übertreiben?
Nun gilt es, schnell das Großsegel zu reffen und die Genua durch die kleine Fock zu ersetzen. Das sind noch relativ neue Handgriffe, aber es gelingt uns alles und das Segeln macht sogar bei Regen Spaß. Wir haben teilweise 8kn Fahrt durchs Wasser, das rockt schon gewaltig 😃. Leider ist die Strömung immer noch gegen uns, so dass wir beschließen, in die Bucht bei Kalundborg reinzufahren. Auf der Karte sieht es dort zwar nach viel Industrie aus, aber auch nach einem geschützen Hafen. Kurz hinter dem Riff sehe ich, dass ein Segelboot in einer kleinen Bucht vor Anker liegt, geschützt vorm Westwind. Wir beschließen, hinzufahren und finden sogar eine große Ankerboje vor. Sie hält und wir brauchen nicht in den Hafen zu fahren. Die Bucht ist wunderschön, wir sind ganz alleine. Das Boot, das wir gesehen hatten, liegt ebenfalls an einer Boje, ist aber wohl nicht bewohnt. Vermutlich gehört es zu Leuten, die in der Nähe wohnen. Eine etwas unschöne Überraschung wartet im Bad auf uns: der Toilette ist schlecht geworden 😨… Zum Glück ist sie “nur” umgekippt und hat keinen Inhalt verteilt. Tja, richtig festschrauben bevor Wetter kommt, macht Sinn 😉.
Wir düsen mit Schlauchi an Land und erkunden einen traumhaften Spazierpfad durch den angrenzenden Wald. Nun ist auch Lieschen glücklich 😊. Als wir zurück zum Strand kommen, stehen dort einige Menschen mit großen Fotoobjektiven. Meine Neugier regt sich natürlich, aber ich spreche sie nicht an. Warum eigentlich nicht? Mmmh. Wir fragen uns, was sie denn aufnehmen wollen, ob es Ornithologen sind? Nach seltenen Vögeln sieht es hier irgendwie nicht aus und keiner meckert über die freilaufende Liese. Wir kommen drauf: die AidaNova liegt in Kalundborg, sie wird wohl gleich ablegen und richtig: wir haben es hier mit Ship Spottern zu tun! Ich geselle mich dazu und mache von Bord aus ein paar Bilder.
Das lokale Wetterphänomen hat sich verflüchtigt und der angesagt schwache Wind beschert uns einen ruhigen Abend ganz alleine in dieser Bucht. Belohnt werden wir dann noch mit einem fantastischen Sonnenuntergang 🤩.
8.8.2022 Ankerbucht vor Kalundborg - Serejø
Am nächsten Morgen setzen wir kurz Segel und nehmen sie kurze Zeit später wieder herunter. Ohne Wind macht es einfach keinen Sinn. Ziel heute ist die kleine Insel Serejø. Wir wollen spontan entscheiden, ob wir in den Hafen fahren oder die Insel umrunden, um auf der Ostseite zu ankern. Da ich im Hafenhandbuch lese, dass man dort tanken kann, entscheiden wir uns für den Hafen. Wir argwöhnen, dass es dort teuer sein kann, aber es geht tatsächlich, Diesel ist sogar günstiger als im Frühjahr in Travemünde. Wir legen zunächst ohne Probleme an der Tankstelle an und manövrieren uns anschließend rückwärts im 90° Winkel an den nächsten Steg. Perfekt! Anlegerbier!
Der Hafen ist klein und nett, gut geschützt durch eine hohe Mole vor den vorherrschenden Westwinden. Aus der Hafenkneipe schallt Musik, Kinder springen von anderen Booten ins Wasser, kurz: Sommer in Dänemark. Unser Spaziergang führt uns in den nahegelegenen Ort und hier ist es seltsam. Nicht die üblichen liebevoll renovierten Häuschen und Gärten, sondern viele leerstehende Häuser, teils mehr als sanierungsbedürftig. Viele streunende Katzen laufen herum, Menschen sehen wir dafür keine. Anscheinend ist diese Insel nicht so touristisch erschlossen, aber landschaftlich wie überall ein Traum, mit Steilküste und sanften Hügeln.
Abends spielt ein älterer Herr sein Schifferklavier vom Hafenrestaurant, die Besatzungen der Nachbarschiffe treffen sich zum Essen am Steg. Ich paddele noch eine Runde und lasse mich dann von meinem Skipper bekochen. Von lokalen Wetterphänomenen gibt es heute übrigens weit und breit keine Spur…
9.8.2022 Serejø - Ankerbucht bei Rørvig
Die Aussichten für die nächsten Tage ändern sich kaum: Sonne und kein Wind. Und das im August in Dänemark, das hatten wir schon oft ganz anders! Klimawandel? Ich weiß es nicht. Tabaluga läuft ja auch mit Motor sehr schön, wir wären aber doch gerne klimaneutral unterwegs…
Wir kaufen rasch noch Brot, Milch und Eier im Brugsen und tuckern los. Ziel ist der Isefjord, wobei wir da nicht bis Roskilde reinfahren werden, das schaffen wir zeitlich leider nicht. Also suchen wir die nächste Ankerbucht direkt kurz nach der Einfahrt in den Fjord und werden mit einer paradisischen Aussicht belohnt. Auf der Halbinsel, die den Fjord begrenzt, stehen wunderschöne Ferienhäuser in einem weitläufigen Waldgebiet. Direkt am Ufer in den Dünen sind Rinder als Landschaftspfleger unterwegs, man kann das Gehege betreteten, das interessiert sie gar nicht. Wir drehen eine Runde durch das Ferienhausviertel und wollen noch baden. Leider sind wieder Quallen im Wasser, die leichte Hautreizungen erzeugen, so paddel ich ein wenig auf dem Bord durch die Bucht und wir hüpfen unter wachsamen Augen des jeweils anderen kurz vom Boot ins kühle Nass. Lieschen dreht fast am Rad, wenn einer von uns im Wasser ist, beim Chef ist es am schlimmsten. Sie quietscht und will hinterher, ich muss sie festhalten. Sie ist einfach ein richtiger Rettungs-Labbi! (Anmerkung des Skippers: sie will noch was von ihm lernen… 😄)
Der Abend ist traumhaft schön, wir sitzen an Bord und genießen die Ruhe. So fast. Auf dem Nachbarankerplatz ist wohl eine Familie mit kleinem Kind an Bord, das nicht schlafen will… so wird es erst später etwas mit der Ruhe, aber was soll’s, uns geht’s soooooo gut!! Der Mond geht hinter Tabaluga auf, solche Bilder gelingen sicherlich selten.
10.9.2022 Ankerbucht bei Rørvig - Gilleleje
Unfassbar, heute ist schon unser dritter Hochzeitstag 😊. Am heutigen Abend würden wir gerne schick essen gehen und überlegen, ob wir hierbleiben oder den nächsten Hafen ansteuern. Die Frage beantwortet sich, als wir mit Schlauchi kurz in den Hafen fahren für die obligatorische Liese-Runde. Nein! Das hier ist der typische Tourihafen in einer Ferienhaussiedlung, komplett überfüllte kleine Fischbuden, aber kein wirklich Ortskern oder ein nettes Restaurant. Dann fahren wir weiter. Im Hafen werden wir Zeuge, wie sich ein ansonsten doch sehr scheuer Kormoran um ein Stück Fisch mit einem Kind streitet, das eine kleine Angel mit dem Fischrest ins Hafenbecken hält. Der Kormoran gewinnt, das Kind ist traurig…
Ziel für heute ist also Gilleleje, wir hoffen auf einen guten Anlegeplatz im Hafen und ein schönes Restaurant zur Feier des Tages. Für zwei Stunden läuft auch alles unter Segeln, danach ist der Wind weg und der Diesel muss ran. Wieder keine Wolke am Himmel, die ein bisschen Wind mitbringen könnte. Die Steilküste an der Nordseite Seelands ist wie am Lineal gezogen gerade, die Boote fahren wie auf einer Autobahn parallel zum Land west- oder ostwärts.
Der wuselige Fischereihafen ist voll mit Booten aller Art, trotzdem finden wir einen Längsseitsplatz. Der Skipper manövriert uns gekonnt und vorsichtig rückwärts an einem zerbrechlich aussehenden Trimaran vorbei an den Steg. Die Funkgeräte helfen ungemein, so können wir in aller Ruhe kommunizieren, ohne dass ich vorne gegen den (gerade nicht vorhandenen) Wind brüllen oder mich umdrehen muss. So habe ich den Bug immer im Blick und kann dem Skipper in aller Ruhe Statusmeldungen geben! Wie es aussieht, liegen wir am Steg der Werft, aber auch andere liegen hier. Heute abend wird uns wohl niemand mehr verscheuchen. Hinter uns sieht es aus, als läge ein Haus schief im Wasser, aber es ist ein Schiff auf dem Trockenen. Mit Erkern vorne und hinten, wir können gar nicht einordnen, was das Schiff für eine Funktion haben könnte, außer als Hausboot.
Beim Anlegerbier bekommen wir richtiges Hafenkino geboten! Aus dem alten Teil des Hafen kommt ein Fischerboot mit Schwung rückwärts herausgeknattert, dreht mit noch mehr Schwung, Heckwelle und Schieflage und brettert aus dem Hafen. Es wäre ein Video wert gewesen, leider war keine Kamera in dem Moment griffbereit. Währenddessen übt eine Segelschule bei 2-3kn Wind Manöver im Hafen… denen wurde mit Sicherheit Angst und Bange. Aber so sind die Dänen: klappt schon! Während wir im Hafen in Orth erst wegen Paddelns auf dem SUP und dann wegen Segel setzen im Hafen ausgeschimpft wurden…
Wir finden ein tolles Restaurant mit super Service und noch besserem Essen! Liese bekommt einen sogar Porzellanteller mit Wasser serviert, sie weiß das gar nicht richtig zu schätzen. Wir genießen den Abend mit erneutem traumhaften Sonnenuntergang und stoßen auf uns und den nördlichsten Punkt unserer diesjährigen Reise an. Schweden ist in Sichtweite, mal sehen, ob wir noch ein Fuß und eine Pfote auf schwedischen Boden setzen? Aber nun ist erstmal Kopenhagen unser erklärtes nächstes Ziel!
⛵