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3.8.2021 Brest - Roscoff 73,4sm
Endlich geht es los mit unserem neuen Schiffchen, die Planung steht für die erste Route. Wir müssen um sechs Uhr morgens mit der Tide los, um gut aus der Bucht von Brest zu kommen. Die Sonne geht rot hinter der Brücke auf, wir fahren mit Motor, kein Lüftchen regt sich, dafür gibt es aber kurze Zeit später Wasser von oben. Das Segelsetzen muss noch ein bisschen warten…
Die Männer stehen im Regen, ich mache Frühstück. Irgendwann fällt mir auf, dass es ja durchaus eine Möglichkeit gibt, nicht komplett nass zu werden: wie wäre es denn mit dem Bimini? Ha! Cool, sowas hatten wir auf der Najad nicht. Es gab nur die Möglichkeit, die Kuchenbude zu öffnen oder geschlossen zu lassen. Mit geschlossener Kuchenbude zu fahren war aber sehr unbequem, weil man einfach nicht stehen konnte. Aber mit Hilfe des Biminis bleibt es trocken im Cockpit und die Fahrt wird deutlich angenehmer. Der Regen lässt nach und wir tuckern Richtung Roscoff. Tuckern? Nein, das Baby rennt! 7,5kn Marschfahrt, wow, wir sind begeistert.
In Roscoff angekommen werden wir erstmal ein wenig erschlagen von dem riesigen Hafen, der tideunabhängig gebaut ist. Mit Schienen entlang einer meterhohen Kaimauer, an denen die Schwimmstege herauf- und herabgleiten. So etwas sind wir als Ostseesegler einfach nicht gewohnt.
Wir bummeln in die wunderschöne Altstadt, Regen und Sonne wechseln sich ab. Uns hängt der Magen in der Kniekehle, also steuern wir noch einmal eine bretonische Creperie an. Auf Kochen habe ich einfach keine Lust mehr heute, obwohl unsere neue Pantry wirklich dazu einlädt. Die ungewohnte Nordsee- bzw. Atlantikluft macht müde und die letzten Wochen waren einfach anstrengend. Jobsorgen standen stets im Vordergrund, Entspannung war kaum machbar. Aber inzwischen hat sich zum Glück hierfür eine Lösung ergeben, nun kann ich ausschlafen und entspannen! In der Creperie spricht mich auf einmal eine Frau an, ob ich mein Sweatshirt in Frankreich gekauft hätte? Ich schaue etwas irritiert an mir selber herunter, da ich gar nicht weiß, was ihr Besonderes aufgefallen ist. Ah, der selbstgestickte Tabaluga und der Schiffsname auf dem recht einfachen Sweatshirt, das ist ihr aufgefallen! Als ich dann nur antworten kann, dass es selbstgemacht und damit einmalig ist, ist sie wohl begeistert und enttäuscht zugleich 😏.
4.8.2021 Roscoff - Paimpol 52,7sm
Das Wetter wird sonniger, noch immer ist kein Windhauch zu spüren. Wir lassen uns Zeit bei einem gemütliches Frühstück. Die Sonne kommt heraus, wir tuckern los mit dem Gezeitenstrom. Auf einmal begleiten uns Delfine, es sind bestimmt zehn Tiere. Sie springen in die Luft, rasen längsseits am Boot entlang und sind so unfassbar schnell, dass ich sie nicht richtig aufs Bild gebannt bekomme. Basstölpel fliegen immer wieder über uns hinweg, diese besonderen Momente in der Natur liebe ich so sehr beim Segeln. Das Schiff der Schweizer heißt ‘Fou de Bassan’, was Basstölpel bedeutet. Jetzt wissen wir, warum sie es so getauft haben. Elegante, große Vögel, die unglaublich knapp über der Wasseroberfläche ihre Flugkünste zur Schau stellen. Wunderschön!
Angekommen in der Bucht von Paimpol haben wir riesiges Glück, denn wie es aussieht, müssen wir durch eine Schleuse in den Hafen. Diese ist gerade offen, wir fahren als letztes Schiff hinein und atmen erleichtert auf. Wir hatten uns nicht wirklich über mögliche Öffnungszeiten informiert… Die Einfahrt ist schon spannend, wir wissen laut Gezeitenkarte, dass die gesamte Bucht trockenfällt, können es uns aber nicht so recht vorstellen. Eine Fahrrinne ist markiert, wir halten uns dran. Trotz des reduzierten Tiefgangs der Ovni im Vergleich zur Najad können wir uns noch nicht so recht entspannen.
Im Hafen angekommen sind wir zunächst ein wenig orientierungslos, aber irgendwann kommt der Hafenmeister mit Schlauchboot angefahren und zeigt uns einen Platz neben einer anderen Ovni. Die Segler sprechen uns auf Deutsch an und wir vertäuen sicher längsseits. Ich bin total irritiert, unter welcher Flagge sie fahren und stelle genau diese Frage. Manchmal hilft es, erst zu denken, dann zu reden, als sie mir mit etwas Entrüstung in der Stimme erklären, dass sie Österreicher sind 🇦🇹. Puh, ich habe ja wirklich schon ein paar Monate meines Lebens in Österreich verbracht, peinlicher geht es kaum. Allerdings sind uns auch auf der Ostsee noch keine segelnden Österreicher begegnet, Schweizer hingegen schon öfter 🇨🇭.
Der Hafen von Paimpol ist wunderschön, direkt in der Stadt, wir sind hervorragend geschützt. Nach dem Essen müssen wir uns die Bucht anschauen, die nun wirklich trocken daliegt. Trotz des Wissen um Ebbe und Flut und das Leben im Watt ist das doch immer wieder ein faszinierendes Naturschauspiel. Gerade hier in Frankreich ist der Tidenhub ja gewaltig.
5.8.2021 Paimpol
Aufgrund der Tide könnten wir heute erst nachmittags raus, das lohnt nicht, daher legen wir einen Hafentag ein und wollen morgen mit der ersten Tide frühmorgens los. Und so ganz fit sind wir immer noch nicht, die Müdigkeit steckt in den Knochen. Also schlafen wir aus und gehen anschließend shoppen. Ich finde ein neue Segeljacke, mein Liebster ein paar Schuhe und Tabaluga bekommt neue Festmacherleinen! Die vorhandenen Leinen sind einfach megaschwer und unpraktisch, da hätten wir gerne etwas Handlicheres.
Wind kommt auf, es regnet, ein Junge spielt immer das gleich „Lied“ auf einem Dudelsack und neben uns am Steg ist ein Kinderkarussell, das alle paar Minuten die neue Abfahrt per Klingeln bekannt gibt - irgendwann sind wir ein bisschen genervt und freuen uns auf den nächsten Morgen. Auch ein Aspekt des Segelns: mal trifft man es so schön, dass man am liebsten bleiben möchte, ein anderes Mal ist es nicht so gut, dann fährt man einfach weiter. Und hat sein Zuhause immer dabei!
6.8.2021 Paimpol - Dielette 69,0 sm
Aus Paimpol bei Hochwasser herauszukommen ist gar kein Problem. Der Tag zeichnet sich durch super geniales Segeln vor dem Wind und viel Welle aus. Wir sind nach wie vor begeistert von der Stabilität, mit der die neue Tabaluga im Wasser liegt. Das harte Eintauchen in die Wellen bleibt aus, es ist mehr so ein Schaukeln auf dem Wasser wie ein Korken. Wir segeln vorbei an Jersey… oh man, was ein Ärger! Ich wollte schon immer mal auf die Kanalinseln und nun ist es uns wegen Corona untersagt! Die direkte Einreise aus Deutschland wäre möglich, aber nicht aus Frankreich - wenn wir nicht 10 Tage in Quarantäne wollen… Nein, die Kanalinseln bleiben uns dieses Mal versagt, aber wir kennen ja den Weg, wie man wieder dort hinkommt. Dielette liegt auf der Westseite der Halbinsel, die Westwinde treffen also direkt aufs Land. Das ist bei den Wetteraussichten keine gute Lösung, aber wir haben wenig Alternativen. Cherbourg können wir ebenfalls nicht anlaufen, da dort das diesjährige Fastnet Race endet und der Hafen seit dem 1.8. für Gäste gesperrt ist. Auch ein Corona-Thema, denn eigentlich startet und endet das Rennen in Cowes auf der Isle of Wight, aber da die meisten ausländischen Teilnehmer ja auch keinen Fuß auf englischen Boden setzen dürfen, bleiben viele Yachten in Cherbourg, segeln zum Start herüber nach Cowes und das Rennen endet dann wieder in Cherbourg. Verrückt, aber besser als es nicht stattfinden zu lassen, schließlich ist es für viele Segler ein Highlight in ihrer Karriere!
Dielette liegt direkt neben dem Atomkraftwerk Flamanville, die Küstenansicht ist nicht die Schönste. Vom Hafen aus ist das Kraftwerk zum Glück nicht zu sehen, hier fühlt man sich fast wie in Norwegen, da die Berge recht steil hinter der See aufsteigen. Mittlerweile haben wir viel Wind und das Hafenmanöver wird eine Herausforderung.
Der Hafen ist zweigeteilt, ein Teil ist durch eine Staustufe abgeteilt, der bei Ebbe noch tief genug für alle Yachten ist. Der vordere Teil fällt zwar nicht trocken, aber wird eben deutlich flacher. Wir können hier bleiben, sagt uns der Hafenmeister, mit 1m Tiefgang ist es in Ordnung. Also bleiben wir zunächst am Längsseitssteg, aber die Nacht macht keinen Spaß. Es herrscht so viel Strömung im Hafen, Westwinde, die auf die Einfahrt drücken, es lärmt und Tabaluga reißt an den neuen Leinen, so dass wir kaum ein Auge zu machen. Wie ich schon öfter erwähnte: in jedem Urlaub gibt es die eine Nacht, in der man nicht schläft 😴.
7.8. 2021 Dielette
Am nächsten Morgen gehen wir nach Ausschlafen und Frühstück das Wagnis ein und parken um. Schnell rein in den Innenhafen an einen Fingersteg und schon ist es viel ruhiger. Der Wind heult mächtig, eine Regenwahrscheinlichkeit von 90% ist angesagt, wir bleiben heute hier! Der Spaziergang zum Lebensmittelladen endet damit, dass uns ein nettes Mädchen aus dem Laden mit ihrem Auto zurück zum Hafen bringt und wir sind ihr unendlich dankbar. Den Einkauf im waagerechten Regen nach Hause zu schleppen, hätte mächtig auf die Stimmung der Crew gedrückt.
Im Hafen hält ein alter Bulli neben uns an und wir werden auf Deutsch angesprochen: hey, seid ihr die Deutschen von der OVNI?? Es ist ein deutsch-französisches Paar, Eliette und Raphaël aus Bremen, die auch segeln und jetzt mit dem Bulli in Eliettes Heimat unterwegs sind. Wir laden sie zum Kaffee ein und verbringen einen netten Nachmittag mit lustigen Seglergeschichten.
Ich schaffe es am Abend noch, die Beschriftungen am Bug anzukleben, so kann man nun auch von vorne den Namen unseres schönen Schiffes lesen. Fürs Abendessen war ein Kartoffelsalat geplant, leider haben sich die Kartoffeln im einer Kiste unter dem Sofa nicht so wohl gefühlt und müffeln eher nach faulem Fisch als nach Kartoffeln… Daher gibt es einen Quasi-Kartoffelsalat aus Nudeln, schmeckt auch oder vielleicht sogar noch besser? 😋
⛵