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30.7.2021 - Westergellersen
Nun brechen wir also auf, um unser neues Schiffchen, die OVNI 445 aus Frankreich abzuholen. Wir haben drei Wochen Zeit, um die Reise von 700-800 Seemeilen zu schaffen. Nach all dem Papierkram ist nun Tabaluga (2) bald in unseren Händen. Wir mieten einen Passat, um uns, Michi und den notwendigsten Kram nach Brest zu bekommen. Michi, ein alter Bekannter aus Segelschulzeiten und erfahrener Skipper begleitet uns, um uns mit dem neuen Schiff in neuen Gewässern zu helfen. Der Passat One Way kostet natürlich ein Heidengeld, aber zu dritt mit Zug oder Flieger und jeder Menge Zusatzgepäck wäre mindestens genauso teuer gewesen. Meine Eltern kommen nach Westergellersen, um uns noch zu helfen und Lieschen zu übernehmen. Der Bootshund muss diesmal an Land bleiben, wir planen lange Strecken, das wäre für sie nicht schön.
Nun heißt es packen, sortieren, packen, aussortieren… das SUP muss leider zuhause bleiben, es passt beim besten Willen nicht mehr rein! Ich verabschiede mich noch von meinen Rössern und gebe ihnen auf den Weg, drei Wochen lang bitte keinen Blödsinn zu machen…
31.7.2021 Westergellersen - Brest 1416 km
Frühes Aufstehen steht an, da Holger, ein Kollege, und seine Familie auf dem Weg nach Norwegen kurz bei uns Rast machen wollen. Passt gut, da wir auch früh los wollen. Die Vier aus Ravensburg sind die Nacht durchgefahren, reichlich müde und müssen noch bis Kiel fahren, dennoch oder gerade deswegen genießen wir ein wunderbares Frühstück und das kurze Treffen. Um kurz nach acht ist der Passat bis auf den letzten Zentimeter vollgestopft und wir machen uns auf den Weg. Bernard und Françoise, die Käufer der alten Tabaluga haben uns ja für eine Übernachtung in Brüssel eingeladen, aber es läuft so gut, dass wir beschließen, durchzufahren. Um 14 Uhr sind wir schon in Brüssel, das wäre Zeitverschwendung gewesen, auch wenn wir sie gerne besucht hätten. Das werden wir irgendwann nachholen!
Wir stoppen nur für Kaffee und notwendige Erledigungen, gönnen uns Dinner in der Nähe des Mont St. Michel und kommen kurz nach Mitternacht in Brest an. Jean-Luc empfängt uns, überreicht uns Schlüssel fürs Boot und Karte für den Steg und wir verabreden uns für den nächsten Nachmittag. Wir laden die notwendigsten Sachen aus dem Auto und fallen todmüde in die Koje. Die erste Nacht auf dem neuen Schiff! Einschlafen geht irgendwie trotz aller Müdigkeit dann doch nicht so schnell, so groß ist die Aufregung.
1.8. Brest
Der Vormittag zeichnet sich durch wichtige Dinge wie aufräumen, einräumen, wieder ausräumen, neu sortieren, wieder einräumen, putzen und einkaufen aus. Der sonntägliche Einkauf im Kaufcenter macht relativ wenig Spaß, nirgendwo ein Mitarbeiter, Selbstbedienungskassen und kein Bier und Wein im Verkauf, vermutlich aus Jugendschutzgründen. Wir bekommen aber alles, um ein paar Tage zu überleben, meine Laune hält sich allerdings in Grenzen, wie immer in solchen Riesenläden. Die mag ich auch in Deutschland nicht.
Nachmittags kommt Jean-Luc und erklärt noch mal alles an Bord. Probesegeln können wir leider nicht, da längsseits an uns eine große, nagelneue Beneteau liegt. Die möchte nur einmal umparken, nämlich dann, wenn wir endgültig fahren. Also beschließen wir, dass es am Dienstag los geht, weil da die Tide günstig ist, daher also am morgigen Montag das Probesegeln absolvieren und danach am Gästesteg anlegen.
Wir überbringen Jean-Luc einen Kasten „Schlenkerla“, Bamberger Rauchbier. Er freut sich wie ein kleines Kind darüber und wir uns mit ihm!
Nach der Einweisung raucht uns der Kopf, die Müdigkeit der langen Fahrt steckt noch in den Knochen, wir sind schnell in der Koje. Die neue Toilette bereitet uns ein kleines Problem, aber auch das kriegen wir noch mal glücklich gelöst… im wahrsten Sinne des Wortes - puh!
2.8. Brest
Ich muss meinem vom langen Sitzen etwas muckenden Rücken Bewegung verschaffen, also gehe ich eine Runde laufen. Entlang der Mole, zum Strand und wieder zurück, lockere 4 km. Der nächste Test steht nun an: die Dusche an Bord. Das Wasser ist kalt. Dann heiß. Dazwischen geht nichts. Mmmh. Und die Pumpe tut auch nicht richtig. Okay, hier und da besteht Verbesserungspotential, aber es ist ja auch kein brandneues Schiff, sondern eine erfahrene Lady mit 30.000 Seemeilen auf dem Buckel. Also gehe ich wie die Männer auch in die Sanitärräume zum Duschen. Irgendwie haben wir es uns im letzten Jahr mehr und mehr verkniffen, in öffentliche Sanitäranlagen zu gehen. So richtig mochte ich es noch nie, Corona hat dann den Rest gegeben. Beim Schiffsausrüster kaufen wir dann gleich einen Ersatz-Dichtungssatz für die zweite Toilette, die Michi dann schnell wieder zum laufen - ich meine natürlich pumpen bekommt 😆.
Nachmittags geht es endlich zum Probesegeln, Jean-Luc wirkt hektisch und traurig zugleich. Ich kann ihn verstehen, sein geliebtes Schiff herzugeben ist nicht einfach. Andererseits hat er sich dazu entschieden und es uns auch nicht geschenkt. Es ist nicht viel Wind, er zeigt uns nur schnell, wie die Reffleinen für das Segel zu bedienen sind und wiederholt nochmal, wie, wann und wo wir das Centerboard (also den Schwenkkiel) hoch oder runterfahren sollten. Alles andere sollte funktionieren wie auf jedem anderen Segelboot auch. Wir sind zuversichtlich, dass wir das schnell hinbekommen.
Zurück im Hafen am Gästesteg verabschieden wir uns von Jean-Luc, er klopft seinem alten Schiff noch einmal auf den Rumpf und verschwindet mit ein paar Tränchen in den Augenwinkeln. Erst nach dem Abschied mache ich mich daran, die alten Namen zu entfernen und zumindest am Heck wieder ein „Tabaluga Lüneburg“ anzubringen. Es erfordert Geduld, Fingernägel und Azeton, dann ist die alte Schrift irgendwann entfernt. Der neue Name klebt schnell und zum Glück auch an der richtigen Stelle fest. Die deutsche Flagge wird rausgeholt, nun kann das Schiff getauft werden! François hatte uns eine klare Anweisung mitgegeben, was zu tun ist. Man braucht eine Pistole, eine Flasche Champagner und Freunde… Da wir keine Sportschützen sind, leiht uns Lorenz seine Wasserpistole, anstatt Champagner nehmen wir Sekt und einen guten Freund haben wir ja dabei. Die Vorbereitungen sind also erledigt. Was macht man nun mit der Pistole? Einem alten Brauch zufolge ist die Schlange, die bei Fahrt hinter dem Boot her schwimmt, mit dem Namen verbunden. Diese Schlange soll man erschießen, damit die neue Schlange keine Konkurrenz hat und es zu keinem Unglück kommt. Jetzt liegen wir aber im Hafen, also starten wir den Motor, lassen eine kleine Heckwelle entstehen und der Skipper vollzieht das Ritual! Die Sektkorken knallen, wir stoßen an und taufen zu dritt unsere neue Tabaluga! Was ein wunderbares Gefühl 🥰.
Uns gegenüber am anderen Steg liegt eine weitere OVNI 445, die ‘Fou de Basssan’. Ich mache ein Bild und schicke es Valérie und prompt kommt die Antwort: das sind Schweizer Freunde, geht mal hin, sie fragen schon nach euch… Unfassbar, diese OVNI Gemeinde ist wohl ein Kreis für sich. Wir machen uns auf zu einem Abendspaziergang und lernen Elisabeth und Bernard aus Luzern kennen. Sie haben ihre OVNI seit dem letzten Jahr, haben aber dank Corona bisher wenig Zeit mit ihr verbracht. Sie mussten sie aus Schottland holen und ewig warten, bis sie endlich hinkonnten. Nun waren sie in Brest, um ein Problem mit dem Centerboard zu lösen. Es war ein schönes, wenn auch sehr kurzes Treffen, da wir ja am nächsten Morgen um 6 Uhr loswollen. Irgendwo auf den Gewässern dieser Erde werden wir uns vielleicht wieder treffen. Dank Facebook und Co. kann man ja heutzutage leicht in Kontakt bleiben.
⛵