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09.08.2020 => 50,8sm Rønne - Lohme
Wir starten früh in den Tag, geplant ist die Ankunft auf Rügen irgendwo an der Ostküste der Insel. Genau festgelegt haben wir uns noch nicht. Wir segeln sehr entspannt, an solchen Tagen schaffe ich ein ganzes Buch auf dem Kindl in einem Tag. Entspannung pur, keine Langeweile! Mein Käpt‘n guckt Schiffe, aufs Navi, trimmt hier und da die Segel, es läuft einfach.
Spannend ist es immer, den Funk mitzuverfolgen. Ab und zu hört man was von Notfällen, aber meistens ist es eher die Kommunikation der sich begegnenden Schiffe. Und häufig kann man sich darüber köstlich amüsieren. So wie heute, als das uns schon von der Überfahrt nach Schweden bekannte Sicherungsschiff Sjölöven von Kriegers Flak über Funk eine Yacht dazu ermahnt, den Bereich zu verlassen: „Please leave this area!“. Der Angefunkte ist wohl des Englischen nicht so mächtig und stottert ins Funkgerät: „Watt soll ick? Ick versteh datt alles nich, wo soll ick hin? Nach Westen oder wie??“ Sjölöven versteht wohl seinen Kummer und antwortet nur: „Korrekt!!“
Kreidefelsen kommen in Sicht, wir versichern uns noch mal auf der Seekarte, dass es wirklich Rügen ist und nicht Møn. Aber ja, wir haben uns nicht verfahren. Wir werfen unsere Leinen im kleinen Hafen Lohme an Land und betreten wieder deutschen Boden. Kurz darauf werden wir auch wieder daran erinnert, da wir unser letztes Bargeld zusammen kratzen müssen, um die Hafengebühren zahlen zu können. Der Hafenmeister ist nett und freundlich, aber von bargeldlosem Bezahlen hält er nichts. Er wundert sich noch über die Schweden, die hier ankommen und gar keinen Euro dabei haben… nee, Meister, in Schweden ist Bargeld einfach nicht mehr so in und den Euro haben sie auch nicht. Es wäre ja auch alles nicht so schlimm, wäre ein Geldautomat in erreichbarer Nähe, aber der nächste ist in Sassnitz, gut 15km entfernt. Für uns reicht es heute noch, aber morgen müssen wir dann wohl mal in die „große Stadt“. Wir wundern uns dennoch nicht zum ersten Mal, wann genau Deutschland die Digitalisierung verpasst hat?
Am Abend gönnen wir uns noch ein bisschen Hafenkino, weil es so schön ist 😉. Ein Herr mittleren Alters kommt in den Hafen und redet entweder mit sich selbst oder mit seinem Schiff. Es scheint ein Stahlschiff zu sein, hart im Nehmen. Der Skipper steuert eine freie Box zwischen zwei Pfählen an und bleibt mit Karacho stecken. „Huch, alte Dame, wir sind wohl zu dick?!“ sagt er zu seinem Kahn… die nächste Lücke passt, aber er kommentiert jeden Handgriff, ohne dass es jemanden interessiert. Irgendwann herrscht Ruhe im kleinen Hafen Lohme, ein Glück :-D
10.08.2020 => Lohme - Sassnitz
Das Hafenkino geht am nächsten Morgen weiter. Der Herr mittleren Alters mit der alten Dame möchte wieder los. Es gelingt nicht so ganz, Seitenwind verhindert ein sauberes Ausparken. Irgendwie mit Krach und Wumms kommt er aus der Box und kommentiert: „das war wohl das schlechteste Manöver meines Lebens!“. Wir wagen nicht zu widersprechen… Ein weiteres Manöver eines älteren Paares belebt den morgendlichen Kaffee an Deck: Sie (verzweifelt): ich kann das Boot nicht halten! Er (konstruktiv): das musst du aber…! Wir (unterbrechen den Morgenkaffee): sollen wir halten? Sie (hilflos): ich hab doch gar keine Leine mehr… Irgendwie schaffen es auch die beiden unfallfrei aus dem Hafen und wir können zu Ende frühstücken.
Wir möchten heute nach Sassnitz radeln (brauchen Bargeld), dafür brauchen wir aber zunächst zwei funktionierende Fahrräder. Mein Käpt’n repariert seine Sattelstütze mit einer Schiene und jeder Menge Klebeband. Knochenbruch geschient sozusagen. Wir radeln Richtung Nationalparkzentrum Königsstuhl. Das eigentliche Besucherzentrum und die Aussichtsplattformen sind uns dann aber doch zu voll. Kreidefelsen konnten wir auf Møn schon genug bewundern. Wir radeln weiter durch den Nationalpark, ein Urwald aus Buchen, hier wird nicht eingegriffen, sondern der Wald besteht so seit Jahrhunderten und wird es hoffentlich auch noch in den nächsten Jahrhunderten! Der Wald schenkt uns Kühle, es geht reichlich bergauf und bergab, was für die kleinen Italiener eine Herausforderung ist. Kaum kommen wir aus dem Wald, holt uns die Hitze auf den Feldern ordentlich ein. Wir radeln schnell weiter nach Sassnitz, es geht kilometerlang bergab.
Erst sind wir von Sassnitz nicht sehr begeistert, die alte DDR Architektur ist noch sehr präsent und viele Häuser verfallen. Die Altstadt aber ist wunderschön renoviert, kleine verwinkelte Gassen geben Schatten und machen die Lage am Hang zu einem verwunschenen Ort. Der Hafen ist riesig, nur wenige Yachten liegen hier. Wir fragen uns, was damit passiert, denn der Fährhafen Richtung Bornholm wurde schon ausgesiedelt, quasi eine Bucht weiter. Zurück fahren wir mit dem Bus, jetzt noch kilometerlang wieder bergauf zu radeln ist uns ausnahmsweise zu viel.
Da ja heute unser erster Hochzeitstag ist, gönnen wir uns Abends ein fantastisches Essen im Restaurant in Lohme mit Ausblick auf den tief gelegenen Hafen, Tabaluga, Cap Arkona und einem fantastischen Sonnenuntergang. Das Ganze untermalt von grandioser Lifemusik - life is wonderful!
11.08.2020 => 27,2 sm Lohme – Vitte
Der Wind ist zurück und zwar ordentlich. Es gibt immer DIE eine Nacht pro Urlaub, die man woanders schläft, also ich zumindest. Es herrscht eine ordentliche Strömung im Hafen, das Heck wackelt zu sehr, die Wellen klatschen dagegen und die Leinen knartschen laut. Da ich schon weiß, dass es keinen Sinn macht, hier im Heck zu bleiben, verholen wir uns ausnahmsweise in die Bugkoje und können einigermaßen schlafen. Bei Seitenwind legen wir am nächsten Morgen vorsichtig und überlegt ab, wir bieten den anderen kein Hafenkino unsererseits ;-).
Ein wunderbarer Segeltag rund Cap Arkona liegt vor uns. Wind, Wellen, Sonne, man kann es sich kaum perfekter vorstellen. Wir runden Rügen nördlich und fahren in die Boddengewässer zwischen Rügen und Hiddensee ein. Es ist eng, es gibt überall Untiefen, das Fahrwasser ist so schmal, dass im Hafenhandbuch davor gewarnt wird, nicht davon abzuweichen, da man sonst quasi sofort aufsitzt. Der Wind pustet immer noch ordentlich, wir finden aber einen Platz im Hafen von Vitte vor Kopf am Steg. Es kostet uns ein wenig Aufwand und die Hilfe des benachbarten Motorbootes, aber wir liegen sicher und fest. Bis der Hafenmeister kommt. Er möchte das so nicht, meint, dass wir mehrere Plätze blockieren und verweist uns beinahe des Hafens, da er unseren Argumenten nicht folgen will. Ich gehe unter Deck, um nicht zu explodieren angesichts des unverschämten Verhalten dieses Mannes. Mein Käpt’n schafft es, höflich zu bleiben, denn wir haben wenig andere Chancen. Die Häfen auf Hiddensee sind klein und bereits überfüllt, im Boddengewässer zu ankern geht sicherlich irgendwo, aber dazu muss man sich auskennen. Der Hafenmeister zeigt Gnade und schickt uns in eine Box für 14m Schiffe. Ebensolche hätten da gar nicht reingepasst, aber es steht dran und kostet deshalb mehr. Es ist in der Tat doppelt so teuer wie Lohme, aber was soll’s. Der Hafen ist privat, er kann die Preise nehmen oder man kann gehen. Wir wollen Hiddensee wenigstens einmal erkunden, den Hafen in Vitte werden wir in Zukunft aber ganz sicher meiden!
Hiddensee ist landschaftlich ein absoluter Traum, aber auch hier ist die Vergangenheit noch sichtbar. Für heute belassen wir es bei einem Rundgang durch Vitte, baden noch eine Runde im Hafen und beschließen diesen aufregenden Tag gemütlich an Bord.
12.08.2020 => 25,2sm Hiddensee rauf und runter
Das Fahrrad ist sicherlich das beste Fortbewegungsmittel auf Hiddensee. Die Insel ist autofrei, hier und da traben ein paar Pferde mit Kutschen an uns vorbei, der Rest wird mit Elektrofahrzeugen erledigt. Es erinnert mich sehr an Juist, ist aber wesentlich größer. Im Norden steht der schöne Leuchtturm Dornbusch, auch hier verzichten wir auf einen Besichtigung von innen. Enge Wendeltreppen mit fremden Menschen müssen auch mit Maske gerade einfach nicht sein. Die Aussicht ist auch aus Dünenhöhe fantastisch!
Wir radeln mit einem Zwischenstopp für ein Sanddorneis (geht so…) in den Süden der Insel. Hier kann man weit in die Naturschutzgebiete reinradeln, auf schmalen Heidewegen, das ist mit den kleinen Italienern schon nicht ganz ohne. Die Sattelstütze hält erstaunlicherweise, gut geschient! Mein Allerwertester leidet allerdings stumm vor sich hin, da eine Federung bei den kleinen Rädern dummerweise nicht inklusive war.
Am südlichen Leuchtturm treffen wir auf reinweißen Sandstrand auf der Westseite der Insel und hellblaues Meer, so dass uns nichts mehr vom Baden abhalten kann. Außer - die Wassertemperatur! Meine Güte, ist das kalt. Im August! Nach Wochen mit Sonnenschein! Wir verstehen die Strömungen in diesem Teil der Ostsee nicht so ganz und sind ein wenig enttäuscht ob entgangener Badefreuden.
Uns begegnen viele Radfahrer, umso verwirrender ist die Begegnung auf dem Rückweg: eine Frau mit zwei Kindern im Schlepptau mault mich an, dass das hier Naturschutzgebiet sei und Radfahren verboten ist. Ich bin (zum Glück für alle) einen Moment sprachlos, dass es mal wieder ausgerechnet mich trifft und fahre einfach weiter. Soll sie doch meckern, aber mich in Ruhe lassen…
13.08.2020 rund Hiddensee
Um von Vitte nach Vitte zu gelangen, muss man einmal um die gesamte Insel herum und das ist weit! Also, wir wollen von der Ostseite der Insel, wo der Hafen ist, auf die Westseite, um dort im Windschatten der Insel eine Nacht zu ankern. Die Fahrt durch die Boddengewässer ist aufregend, insgesamt drei festgefahrene Boote sehen wir. Beim Segeln muss man Überholmanöver gut planen, da die Fahrrinnen so schmal sind. Vorbei geht es an riesigen Flachwasserbereichen, Paradiese für Wasservögel aller Art. Noch nie zuvor habe ich eine derart große Schwanenkolonie gesehen.
Wenn man die Südspitze der Insel passiert hat, nimmt ein Strom einen mit aufs offene Meer. Schnell erreichen wir dann das Westufer von Vitte und werfen Anker. Wir wollen schnorcheln, schauen, wie die Ankerkette am Meeresboden liegt und vielleicht einen Blick auf ein paar Meeresbewohner erhaschen, das Meer ist glasklar. Angesichts der Erlebnisse von gestern ziehen wir uns aber gleich den Neoprenanzug an. Im Sommer in der Ostsee! Es ist eine wirklich gute Idee, das Wasser hat bestimmt nur 14 oder 15 Grad. Wenn man sich dann einmal dran gewöhnt hat, ist es gut. Viel zu sehen gibt es unter Wasser leider nicht, Bernd erhascht einen Blick auf eine aufgescheuchte Scholle, aber mehr auch nicht. Immerhin sind wir mal wieder geschnorchelt und haben Tabalugas Unterwasserschiff auf Schäden geprüft. Ein toller Sonnenuntergang versüßt uns diesen entspannten Abend ohne Nachbarn, Hafenkino und nervenden Hafenmeister!
14.08.2020 => 68,0sm Hiddensee - Großenbrode
Früh bei Sonnenaufgang starten wir unsere letzte Etappe. Anker los und gen Westen, immer geradeaus liegt Großenbrode, der Kurs nur unterbrochen von einem kleinen Umweg um ein Verkehrstrennungsgebiet. Unser diesjähriger Urlaub endet mit einem wunderbar entspannten Tag auf See. Der Wind ist lau, zwischendurch werfen wir den Motor an, um nicht im Dunkeln in Großenbrode anzukommen. Irgendwie ist mir die Einfahrt in den Binnensee im Dunkeln nicht sehr sympathisch. Das Timing ist perfekt, bei untergehender Sonne erreichen wir nach drei wunderbaren Wochen unbeschadet und erholt Tabalugas Heimathafen! Wir haben so viel mehr Glück gehabt als viele andere, die in diesem Jahr dank Corona keinen Urlaub machen konnten. Für uns ist die Ostsee mehr als nur das langweilige Heimatgewässer ohne Gezeiten, sondern es gibt überall immer wieder Neues und Wunderschönes zu entdecken. Wir haben noch lange, lange nicht alles gesehen, Polen, Finnland und die baltischen Staaten fehlen noch auf unserer Trackübersicht. Wir freuen uns wie jedes Jahr auf neue Abenteuer, aber jetzt freue ich mich erstmal auf das Wiedersehen mit den Vierbeinern und Freunden und Verwandten! 🙂
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