Back to top

Nessi oder das Bermudadreieck in der Ostsee??

12.8.2019 => 29,07sm   Ærøskøbing - Lundeborg

Bei ordentlich Wind, aber schönem Wetter starten wir von Ærøskøbing in Richtung Norden. Gesetztes Ziel ist Samsø, was wir in ein paar Tagen erreichen wollen. Ich sehe auf dem AIS, dass unsere norwegischen Bekannten von der Stompelompa auf Samsø sind, aber wir werden uns wohl verpassen, da sie ebenfalls wieder auf dem Weg Richtung Norden, Oslo, sind. Schade, das wäre natürlich wunderbar gewesen!

Wir fahren ein wenig Slalom zwischen den Inseln und Inselchen der dänischen Südsee hindurch. Teilweise ist es sehr flach hier, so dass es angeraten ist, sich an die Fahrwassermarkierungen zu halten. Wir lassen Nyborg an steuerbord liegen, da es gerade so richtig gut läuft und steuern den kleinen Fischerhafen Lundeborg auf Fünen an. Es ist eng und voll hier und wir suchen einen Liegeplatz. Schließlich hören wir jemanden mit einer Micky-Maus-Stimme, die uns auf deutsch mit dänischem Akzent zuruft, dass wir überall, wo es frei ist, anlegen dürfen. Ich sehe einen freien Platz vor einem Fischerboot, höre aber im letzten Moment, dass in dem Fischerhaus am Steg eine Lüftung ist, die schnell nerven könnte. Also gehen wir einen Platz weiter vor Kopf des Steges. Das Anlegemanöver glückt nicht so ganz, da ich keinen Festmacher für die Mittelklampe finde, also überreiche ich die Vorderleine der Hafenmeisterin, prompt weicht Tabaluga mit dem Heck aus und wir müssen ein wenig kämpfen, um wieder an den Steg zu kommen.

Ein ziemlich alter Holländer hat Angst um seine quer vor unserer Nase liegenden, ziemlich neuen Hallberg-Rassy 48 (oder so - sehr groß, sehr teuer!) und seine Frau schüttelt nur missbilligend den Kopf. Natürlich kommt er dann zu uns und gibt uns den Tipp, doch am besten erstmal mit der Mittelklampe festzumachen… Mein Puls beschleunigt sich etwas, beruhigt sich dann aber, als die Beiden Lieschen entdecken und völlig begeistert sind. Hunde können ja sehr gut deeskalieren. Lieschen bekommt sogar Hundekuchen (wie auch von Micky, der Hafenmeisterin). Später kommt ein Herr vorbei, der mich mit der Frage: “Was wiegt denn ihr Hund?” in ein Gespräch verwickelt. Bin ich froh, dass er nur nach dem Gewicht meines Hundes gefragt hat… Es stellt sich raus, dass er ebenfalls mit einer Najad 391 unterwegs ist, aber in schickem Blau mit allem Schnickschnack. Wir mögen unsere Tabaluga in klassischer Lackierung, so wie sie ist halt… So plaudern wir dann ein wenig und verabschieden uns später, weil Lieschen dann doch mal muss. Der Lüfter des Fischergebäudes geht uns dann allerdings doch ziemlich auf den Keks, also nicht der beste Liegeplatz des Urlaubs…

13.8.2010 => 29,88sm   Lundeborg - Kerteminde

Am nächsten Morgen gelingt uns der Ableger ziemlich gut, ist auch nicht so schwer, wenn der Wind einem schon vom Steg wegbläst. Ich stehe am Ruder und die Holländer freuen sich und winken, ich hab mich dann doch wohl getäuscht. Sie sprach wohl kaum Deutsch und wirkte daher etwas unfreundlich, er wollte ja auch eigentlich nur hilfsbereit sein…

Bis zur Großen-Belt-Brücke läuft alles bestens. Wir segeln vor dem Wind und kommen gut vorwärts. Unter der Brücke ist auf einmal der Wind weg, finden wir auch noch logisch. Dann kommt er wieder - aber wir machen keine Fahrt?? 15kn Wind und auf der Logge stehen 2-3kn Fahrt. Ich verstehe die Segelwelt gerade nicht mehr… Was ist denn hier los? Irgendwann bleiben wir fast ganz stehen, wir überlegen verzweifelt, ob wir jetzt total doof sind, die Segel richtig zu setzen. Mir reicht’s und ich werfe den Motor an. Bernd meint erst, ich spinne doch, aber gibt kurze Zeit später zu, dass das wohl die einzige Möglichkeit war. Wir überlegen hin und her, suchen auf der Papierkarte nach Hinweisen, ob vielleicht Nessi hier wohnt und uns festhält?? Irgendwann finden wir eine Karte mit den Strömungen im Großen Belt und einen Hinweis auf eine Neerströmung. Das kennen wir so nicht, Google und Wikipedia müssen her:

“Der Neerstrom ist eine gegenläufige und teilweise kreisförmige Strömung in fließenden Gewässern. Er bildet sich in Buchten, hinter Molen und anderen Hindernissen. Ein Neerstrom ist immer schwächer als der eigentliche Hauptstrom.”

Jo, Brücke, Hauptstrom aus Norden, Südwind, passt wohl, da hat uns mal ein wirklich interessantes Phänomen erwischt. Wir hätten auch auf einen anderen Kurs, bei dem wir mehr Geschwindigkeit machen als hoch am Wind, abfallen können, aber letztendlich waren wir so verwirrt, dass wir es uns dann verzeihen, den Motor angemacht zu haben…

Nach einer Weile scheint sich die Strömung wieder zu normalisieren, sobald wir tiefer in die Bucht von Kerteminde kommen. Wir setzen Segel und genießen noch eine schöne Stunde.

Der Yachthafen ist groß, wir finden problemlos einen Platz. Draußen in der Bucht findet wohl eine abendliche Übungsregatta statt, was uns ein Hafenkino der besonderen Art beschert. Wir philosophieren noch ein wenig über Nessi oder das Bermudadreieck in der Ostsee und gehen mit neu erworbenem Wissen schlafen!

14.8.2019 => 25,94sm   Kerteminde - Ballen

Kerteminde “City” lohnt sich nicht, also steuern wir unser erklärtes Ziel Samsö an! Gemütlich schaukeln wir vom Wind raus aus der Bucht und genießen das Leben. Aber wie es im Seglerleben so ist, meistens kommt es ja doch anders als man denkt. Eine Schauerböe zieht heran, auf einmal haben wir 25kn Wind, wir reffen schnell.

Ballen liegt vor uns, Bernd macht einen schönen Anlegeplatz längsseits ganz in der Ecke des Hafens aus. Komisch, dass der leer ist? Bald wissen wir warum, wir stecken im Schlick fest… Schade auch, ein Liegeplatz am Steg muss dann doch her. Leider schaffen wir es nicht, rückwärts anzulegen, so muss Lieschen ein wenig klettern, da der Steg sehr niedrig ist. Aber sie lernt es schnell.

Neben uns liegt ein junges Paar mit Kind und geerbter Hallberg Rassy, wie wir schnell erfahren. Also unaufgeforderter Weise erfahren. Die Steuerfrau ist sehr redselig und wir erfahren in kürzester Zeit so einiges. Schön, wenn so eine Mutter dann zu ihrem kleinen Kind sagt: jetzt nerv die Leute nicht, du redest so viel… Das Kind ist wirklich harmlos! 😄

15.8.2019   Ballen

Ein ungemütlicher windiger und regnerischer Tag lädt zum Ausschlafen, faulenzen, ein wenig spazieren gehen, aber nicht viel mehr ein.

Beim Spaziergang sehen wir ein Boot, das vor Anker schwer in der Brandung hin- und herschaukelt. Wir wundern uns, warum man sich das antut. Wenig später verstehen wir: anscheinend hat das Boot einen Motorschaden, ein Motorboot schleppt es in den Hafen. Der Herr, so ein richtiger Seebär, scheint an Bord zu leben und versucht verzweifelt, seinen Motor wieder in Gang zu setzen. Wir drücken ihm die Daumen, immerhin ist er im sicheren Hafen!

16.8.2019 => 10,41sm   Ballen - Langør

Ein kurzer Schlag von Ballen nach Langør, diesem wunderbaren kleinen Hafen im Fjord von Samsø, steht heute morgen auf unserer Wunschliste. Das Wetter ist uns gnädig, ganz gemütlich geht es noch ein Stück weiter nach Norden. Dort angekommen, finden wir den Steg fast leer vor. Hier haben wir vor sechs Jahren Valérie und François kennen gelernt. Damals gelang uns das Anlegemanöver am Steg gegen den Wind noch nicht, heute ist es ja schon fast Routine. Beruhigend, dass wir doch was gelernt haben!

Witzigerweise liegt der Herr mit seinem kleinen Segelboot mit Motorschaden schon dort vor Anker, er hat es wohl in Ballen nicht ausgehalten und nach der Reparatur schnell wieder das Weite gesucht.

Nach uns trudelt noch ein holländischer Segler ein, der ein Problem mit einem Fall hat. Das hat sich Richtung Masttopp aufgemacht und er kommt nicht mehr dran. Bernd hilft ihm, es wieder runterzubekommen - erste gute Tat des Tages!

Endlich satteln wir die kleinen Italiener, die Klappräder, und machen uns auf Entdeckungstour. Lieschen freut sich über so viel Bewegung und rennt und rennt und rennt. Wir entdecken einen Pfad, der quer durch das Naturschutzgebiet geht, blühende Heide, fast wie zuhause, nur mit Meer im Hintergrund! Es duftet und leuchtet, wunderschön. Lieschen jagt Schmetterlinge, badet in einer Schlammkuhle, später noch im Meer zum “entstinken” und wir entdecken ein kleines Café am Rande des nächsten Örtchen und lassen es uns gut gehen. Zwei junge Kätzchen leben dort und amüsieren die Kundschaft mit ihren Faxen.

Auf dem Rückweg entdecken wir die Rinderherde, die zur Landschaftspflege in der Heide unterwegs ist. Zum Glück sind wir für sie eher langweilig, mehr als einen Blick haben sie nicht übrig für uns. Auf einem weiteren wunderschönen Wanderweg an der Küste entlang kommen wir zurück zum Hafen. Ein perfekter Tag - bisher!

Nach dem Abendessen kommt noch ein weiterer Segler rein, ein Zweimaster von Nauticat. 43Fuss lang, schwer und aus unerfindlichen Gründen nicht so recht manövrierfähig. Der Skipper ist mit einer unerfahrenen Begleiterin unterwegs und ist heilfroh, dass wir ihm anbieten, längsseits an uns festzumachen, da der Steg bereits komplett belegt ist. In eine Box traut er sich bei Seitenwind nicht mehr hinein, sein Getriebe muckt irgendwie. Wir bieten ihm also Halt und machen ihn an Tabaluga fest. Ich fluche ein bisschen, weil er uns die Aussicht auf den Fjord klaut, aber - zweite gute Tat des Tages. Weitere Gedanken machen wir uns erstmal nicht…

17.8.2019   Langør

Die Nacht ist einfach mal gelinde gesagt, großer Mist! Der Wind frischt auf und die Nauticat zerrt und zieht an Tabaluga, so dass es überall knirscht und knackt. Ich weiß zwar, dass nichts wirklich Dramatisches passieren kann, dennoch schlafe ich nicht und verhole mich irgendwann in den Salon, wo es etwas weniger schaukelt. Insgeheim, nein, offen verfluche ich unsere Nettigkeit vom Vorabend. Aber irgendwie ist es ja selbstverständlich Hilfe anzubieten, da kann ich nicht aus meiner Haut. Bernd versucht die Fender immer wieder zu richten, was nicht einfach ist, wenn zwei Schiffe von über zehn Tonnen Gewicht an den Steg drücken. Morgens haben wir zeitweise 30kn Wind, es regnet in Strömen, es macht keinen Spaß. Die einzige, der das nichts auszumachen scheint, ist Lieschen…

Ich mache mir laute Musik im Salon an und versuche, das Knirschen und Knacken zu überhören. Ich bearbeite Bilder und schreibe ein wenig für den Blog. Nachmittags hört der Regen endlich auf und der Wind lässt nach. Der Eigner der Nauticat hat sein Problem gelöst, der Seilzug vom Gashebel aus dem oberen Steuerstand hatte sich gelöst und er konnte nur vom inneren Salon aus Gas geben. Dadurch war seine Sicht eingeschränkt und er konnte nicht gut manövrieren. Nun ist es wieder repariert und wir helfen ihm, an einen mittlerweile frei gewordenen Platz am Steg anzulegen. Schlagartig herrscht Ruhe auf Tabaluga, Entspannung kehrt ein. Wir drehen noch eine kleine Runde mit den kleinen Italienern und freuen uns auf eine ruhige Nacht…