Back to top

In Tabalugas Heimat

29.7.2017   Ellös - Mollösund

Wir beschließen gegen den Uhrzeigersinn um Orust zu segeln. Das Vorhaben gelingt uns heute genau für acht Seemeilen, dann reicht es! Es regnet in Strömen, Wind von vorne, es macht einfach keinen Spaß. Der Hafen von Mollösund verspricht genügend Liegeplätze und Schutz vor allen Windrichtungen. Wir ergattern einen Platz als drittes Boot längsseits an zwei Motoryachten und sind erstaunt, was im Hafenhandbuch als 100 Liegeplätze ausgewiesen wurde. Höchstens für 100 Schlauchis, aber nicht für 100 Tabalugas… Es ist dennoch sehr gemütlich und urig hier. Wunderschöne Häuser, eine Holzkirche und sogar eine Mühle. Ein alter Fischkutter lädt zur Besichtigung ein. Beim Rundgang werden wir wieder nass, wir beschließen zu bleiben. Und das ist auch gut so, der Wind frischt mehr und mehr auf, die Nacht ist ganz schön unruhig.

30.7.2017   Mollösund - Henån - Kalvön

Am Morgen ist es ruhig und sogar die Sonne blinzelt wieder durch. Wir stellen wieder einmal fest, dass hier um 12 Uhr “Bettenwechsel” ist, so haben wir es genannt. Von Deutschland sind wir es gewohnt, dass viele sehr früh morgens loslegen, den Tag über sind die Häfen leer und abends ist dann ordentlich was los. Hier wird um 12 Uhr “getauscht”. Viele legen ab, aber genauso viele sind auch schon da! Wir wundern uns über die seltsame Zeitplanung, uns liegt es eher so gegen 10 Uhr loszufahren und dann den Tag auch zu nutzen. Es sei denn es regnet, so wie gestern.

Nun hat unsere Idee, heute nach Henån zu segeln zwar immer noch Bestand, aber da wir gestern noch nicht mal die Hälfte der geplanten Strecke geschafft haben, drehen wir um und nehmen den kürzeren Weg zurück über Ellös nach Henån. Mit dem Wind können wir auch ein bisschen segeln und nehmen die Landschaft von gestern nicht mehr so grau, sondern schön farbig wahr. Die vielen verschiedenen Boote auf dem schmalen Weg lassen einem bei so manchem Manöver den Atem stocken. Fast wie bei einer Regatta!

Henån ist noch weniger spektakulär als Ellös. Eigentlich gibt es nur einen ziemlich großen Hafen, einen ICA und ein Hotel. Das Rathaus ist im schlechten 70er Jahre Stil erbaut, es gibt also nichts, was großartig zum Bleiben einlädt. Die Najad-Werft hat sonntags sicherlich nicht auf. Wir kaufen ein und fahren weiter in eine Ankerbucht. Wir lassen den Anker vor Kalvön fallen und rudern mit Schlauchi an Land, um einen Waldspaziergang zu unternehmen.

Während der Zeit sehen wir ein deutsches Segelboot ankommen und in unsere Nähe ankern. Als wir eine Stunde später zurück kommen, ist die sechsköpfige Besatzung immer noch zugange und zieht gerade ihren Anker wieder herauf und fährt an einen anderen Platz. Vier Leute stehen vorne und schauen immer wieder dem Anker hinterher. Mehrere Versuche später - wir rätseln, was die machen - geben sie auf und verschwinden. Sehr seltsam, Anker rauf, Anker runter, Anker rauf… Hafenkino ohne Hafen 😄.

Später frischt der Wind bedenklich auf, so aus dem Nichts heraus und kommt ungeplant aus West. Wir bleiben lange wach, bis wir sicher sind, dass der Anker auch wirklich hält. Wir haben Platz genug, es hält, aber wir fahren ganz schön Karussell um den Anker herum. Vielleicht war das der Grund, warum die andere Crew weg gefahren ist? Wir haben alle Wetterberichte gecheckt, die anderen wussten anscheinend von höherer Stelle mehr…

31.7.2017   Kalvön - Henån

Wir fahren nach dem Frühstück schnell in den Hafen zurück und sind dann ganz froh, fest zu liegen. Wir versuchen es auf gut Glück, in die Najad-Werft zu kommen. Ich hatte zwar schon versucht, über die Homepage Kontakt aufzunehmen, aber da Sommerferien sind, war es nicht so einfach, einen festen Termin zu vereinbaren und produziert wird gerade eh nicht. Beim Orust Yacht Service im Hafen treffen wir auf einen jungen Mitarbeiter, der ein bisschen Deutsch spricht, er holt einen Kollegen namens Haakon (oder so ähnlich), der früher bei Najad gearbeitet hat.

Die Unternehmensgeschichte der Werft ist ziemlich wechselhaft, die erste Pleite kam in der Wirtschaftskrise 2008, dann wurden sie übernommen und gingen wieder pleite. Nun starten sie seit 2015 ganz langsam von vorne. Gegen die Massenproduktion manch anderer (natürlich auch deutscher) Werften hatten sie einfach keine Chance.

Haakon erzählt, dass er sicherlich an unserer Tabaluga mitgearbeitet hat und freut sich. Er telefoniert mit einem Kollegen namens Janne, der der Vorarbeiter oder Meister beim Orust Yacht Service auf dem Werftgelände zu sein scheint. Er heißt uns herzlich willkommen, wir dürfen gerne kommen. Wir satteln die kleinen Italiener und radeln zur Werft. Janne begrüßt uns freundlich und zeigt uns die Werkstätten, die derzeit natürlich relativ ausgestorben sind. Von Najad selber ist niemand da, sie fertigen gerade lediglich zwei Boote. Der Rest sind Reparaturarbeiten an alle möglichen anderen Yachten. Wie Janne sagte: wir haben schön viele Steine in Schweden und daher schön viel zu reparieren… Jaja, wir erzählen auch von unserem Pech, aber er beruhigt uns: die 391er sind mit die stabilsten Boote, die sie gebaut haben. Auch er war damals, 1997, Najad-Mitarbeiter!

Früher arbeiteten 200 Mitarbeiter bei Najad, heute sind es nur noch 20. Ich würde es diesem wirklich erstaunlich unspektakulär aussehenden Handwerksbetrieb mit netten Mitarbeitern wünschen, dass es wieder richtig aufwärts geht! Von Automatisierung und dem, was wir so im Job erleben, sind sie Lichtjahre entfernt. Aber vielleicht macht genau das, diese unendlich genaue Handarbeit, auch den Charme dieser Yachten aus.


Hier wurde Tabaluga 1997 gebaut


1.8.2017   Henån - Kälkerön

Die Fahrt östlich von Orust und anschließend zwischen Orust und Tjörn hindurch, ist wunderschön. Zwar ist Segeln nur kurz möglich, da der Wind immer noch aus Süd kommt, aber die Sonne scheint.

In einem flachen Engpass kommt uns ein Segler entgegen und ein weiterer kleinerer Segler ist steuerbord an unserer Seite. Denken wir zunächst. Aber nein, er kreuzt und er ist schneller. Er winkt uns nur böse zu, wir sollen aufstoppen - sicherlich zu Recht, da wir unter Motor laufen und damit Rücksicht nehmen müssen. Allerdings war in dem Bereich für uns wenig Platz, so dass es schon mutig von ihm war zu kreuzen. Er hätte definitiv den Kürzeren gezogen, wenn uns das Aufstoppen nicht gelungen wäre. Alter Schwede (im wahrsten Sinne des Wortes!) 😀…

Wir finden einen herrlichen Ankerfelsen, baden, schnorcheln, rudern mit Schlauchi herum und klettern auf die Felsen, um einen wunderbaren Sonnenuntergang zu erleben. So stellt man sich Sommer in Schweden vor ☺️.