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Sommer im Paradies

30.6.2017   Stokken

Am Morgen klart der Himmel auf, wir werden wieder etwas unsanft aus der Koje geschmissen, weil die übernächsten Nachbarn los wollen. Da wir alle aneinander hängen, sollte jeder gut auf sein Boot samt Anker aufpassen. Der Wind scheint weniger geworden zu sein und wir beschließen auch, weiter zu fahren. Es wird schon warm an Deck und wir sind ganz optimistisch. Doch weit gefehlt! Kaum aus dem Schutz der Inseln heraus, trifft uns der Wind - mal wieder - voll auf die Nase und das gleich mit 30kn. Nee, das muss nicht sein, so böse sind wir unserem Diesel auch nicht. Die erste Welle draußen erwischt Bernd schon so, dass er kletschnass sind. Kurzerhand drehen wir um und fahren zurück zu den sehr sympathischen Norwegern mit ihrem Schiff mit dem lustigen Namen “Stompelompa” in unserer Ankerbucht. Die haben auch gerade beschlossen, noch einen Tag abzuwarten. Beim Anlegen helfen sie gerne und versichern uns, dass das unter Seglern eigentlich auch in Norwegen üblich ist!

Und endlich wird aus unserem Urlaub auch Sommer- und Badeurlaub! Ok, zugegeben, ohne die Neoprenanzüge ist das Wasser zu kalt, aber dafür haben wir sie ja dabei. Ich schnorchele ein wenig, zwar sind keine paradisisch bunten Fische im Wasser, dafür recht farbenfrohe Quallen… Unser Boot scheint bis auf ein bisschen fehlende Farbe am Kiel wirklich keine Schäden von der Grundberührung in Dänemark davon getragen zu haben. Meine Lumix hält auch, was der Hersteller verspricht und ist wasserdicht!

Nach dem Baden und Tauchen lassen wir das Dinghi, unser knallrotes Gummiboot, ins Wasser und brausen mit dem 2-PS-Außenborder zu einem nahgelegenen Shop. Die Möwen und die Norweger lachen uns bestimmt aus, in diesem Falle haben wir wirklich den Kleinsten… Unter 9,9 PS fährt hier niemand los. Aber wir kommen an, kaufen Pain au Chocolat und frischen Salat und haben genausoviel Spaß wie die Jugendlichen 😂.

Im Laufe des Nachmittags füllt sich unsere bislang einsame Bucht. Es ist Freitag, ein Motorboot nach dem anderen legt an. Der Steg füllt sich, die Norweger sitzen aufgereiht in ihren Campingstühlen und das Bier fließt reichlich.

Am Abend sitzen wir mit Gro und Jøran von der “Stompelompa” aus Oslo am Steg und plaudern über Gott und die Welt, die Norweger und die Deutschen. Wie es sich heraus stellt, ist die Welt der Segler doch klein, sie kennen Valérie und François! Sie haben sich vor zwei Jahren an der Ostküste getroffen 😀. Jøran klärt uns nebenbei auch auf, warum so viele E-Autos in Norwegen herumfahren: die Subventionen sind gigantisch! Keine Mehrwertsteuer (25% Ersparnis! ), umsonst “tanken” auf jedem Parkplatz usw. Ein Tesla kostet somit weniger als ein VW Tiguan… Ok. 😳

Wir werden mehr als einmal von der Motorboottruppe zum Lagerfeuer eingeladen, merken aber schon, dass da keiner mehr so richtig nüchtern ist. Dennoch wollen wir das Angebot nicht ablehnen und gehen hin. Meine Güte! So unglaublich betrunkene Menschen mit einem schon durchaus in Richtung Rentenalter gehenden Altersdurchschnitt habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Auf die Frage, was es denn zu feiern gäbe, kommt die Antwort: alles! Das Leben, den Sommer und überhaupt. Jo, warum nicht? Ich sehe eine Flasche “Seaman’s Shot, extra hot” kreisen und will gar nicht wissen, was das ist.

So richtig lang halten wir es in der Gesellschaft nicht aus, Gro und Jøran versichern, dass das auch nicht unbedingt repräsentativ für die norwegische Gesellschaft sei 😉. Aber nett und gastfreundlich war es allemal!

1.7.2017   Stokken - Skaueroya

Am Morgen erwacht die Feiergesellschaft neben uns so langsam und ich sehe schon wieder die ersten Bierdosen kreisen. Klar, hilft ja angeblich gegen den Nachdurst. Ich will dann doch schnell aufbrechen, bevor wir zur nächsten Party genötigt werden. Die Stompelompa macht sich auf nach Mandal, sie wollen danach rüber nach Skagen und an der schwedischen Küste zurück nach Oslo. Vielleicht treffen wir uns ja noch mal.

Wir nehmen bei herrlicher Sonne die gleiche Ausfahrt aus den Schären wie gestern, alles ist ruhig und wir können tatsächlich ein kleines bisschen segeln. Dann geht es dicht zwischen den Schären hindurch, ein schmuckes Haus folgt auf das andere. Es herrscht ein reger Bootsverkehr in allen Bootsklassen. Segler sind allerdings die Ausnahme. Ferienhäuser beherrschen die Aussicht, eins schöner als das andere. Ich finde es kaum vorstellbar, dass solche Häuser nur in den Ferien und an den Wochenenden genutzt werden.

Wir lassen Lillesand links liegen und suchen die nächste Ankerbucht. Wir finden das Paradies - die Paradisbukta 😀! Wir entscheiden uns dafür, mit dem Bug an einem Felsen mit ein paar eingelassenen Haken festzumachen und nicht wieder wie gestern zwischen den Motorbooten zu hängen. Hier hört es sich allerdings nicht nach Rentnerausflug sondern vielen Familien mit Kindern an. Trotzdem wagen wir den Anleger ohne Anlegersteg, aber ich traue mich in letzter Sekunde doch nicht, von Bord an Land zu springen. Bernd wagt es und wir haben den perfekten Liegeplatz.

Kurz nach uns sehen wir auch gleich, wie so ein Manöver schief gehen kann: Motorboot, beim Anker loslassen zerlegt sich die Ankerwinsch in Einzelteile und verabschiedet sich ins Wasser. Vater ist kurz unaufmerksam, die Söhne springen an Land, können das Boot aber nicht halten. Mutter springt hinterher und landet im Wasser… Wir starten an Land durch, um zu helfen, Bernd zieht die junge Frau aus dem Wasser. Zum Glück hat sie sich nicht weh getan und witzelt, dass sie so zumindest ein Bad genossen hätte. Es war ihr nur höchst peinlich, dass wir helfen mussten…

Die Paradisbukta macht ihrem Namen aber wirklich alle Ehren, leider bleiben wir auf unserem Felsen doch nicht alleine, es kommen noch ein paar Motorboote dazu. Aber das macht nichts, wir haben eine super Aussicht. Und sind die einzigen Segler weit und breit 😊.